Montag, 4. Juli 2011

Zur Bewertung von Verlustgesellschaften

Zur Bewertung von Verlustgesellschaften nach den Änderungen des § 8c KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz

Markus Diller / Dennis Kundisch / Thomas Späth (CF biz 3/2011, S. 153-156) 

Executive Summary

Bei einer Veräußerung von Kapitalgesellschaften können steuerliche, bewertungsrelevante Verlustvorträge nur in Höhe der vorhandenen stillen Reserven übertragen werden. Die stillen Reserven wiederum werden durch den Kaufpreis bestimmt. Somit stellt sich im Rahmen der Bewertung von Kapitalgesellschaften mit Verlustvorträgen die Frage nach einer Lösung dieses Zirkelschlusses. Das vorliegende Modell widmet sich dieser Frage.

III. Modell

Ausgangspunkt des folgenden Modells ist die geplante vollständige Veräußerung der Anteile der Kapitalgesellschaft C durch die Kapitalgesellschaft A an die Kapitalgesellschaft B.

Es wird ein vollkommener Kapitalmarkt unterstellt. Der vorsteuerliche Kapitalmarktzins beträgt i. Sämtliche Zahlungen sind ertragswirksam (inkl. Zinseinnahmen) und unterliegen dem konstanten Steuersatz s. Der nachsteuerliche Diskontierungsfaktor ist mit 

q = 1 + (1 - s)i

determiniert. Das Unternehmen B rechnet bei Unternehmen C mit konstanten Einzahlungsüberschüssen i.H.v. Z pro Periode t.

Es wird von einer 100% - igen Veräußerung ausgegangen und somit befindet man sich im Anwendungsbereich des § 8c KStG. Ein vorhandener Verlustvortrag würde somit verfallen; eine Ausnahme besteht lediglich für den Verlustvortrag i.H.d. stillen Reserven. Letztere werden - wie oben erwähnt - durch den Kaufpreis bestimmt. Aus Vereinfachungsgründen wird ein steuerliches Eigenkapital von Null - mithin Buchwerte von Null - unterstellt.

Die Nettozahlungsüberschüsse (1 - s) x Z werden mit dem Diskontierungsfaktor q abgezinst, um den Wert des Unternehmens zu berechnen. Bei vollem Untergang der Verlustvorträge ergibt sich nach Steuern folgender Preis des Unternehmens ohne Verlustvortrag 

aus Sicht von B:







Sofern aufgelaufene Verlustvorträge bei der Veräußerung vollständig mit übertragen werden können, erhöhen diese den Wert des Unternehmens C, da steuerwirksame Erträge i.H.d. pro Periode verrechneten Verlustvorträge vermieden werden können. Grundsätzlich kann pro Periode maximal ein Teil des Verlustvortrags i.H.d. Gewinne verrechnet werden. Greift die Mindestbesteuerung des § 10d EStG, so ist unter Vernachlässigung des Sockelbetrages von 1 Mio. € eine Verrechnung i.H.v. 60 % der Zahlungen (Z) möglich. Die Verrechnungsquote des § 10d EStG soll im Folgenden mit    bezeichnet werden. Bei gleichbleibenden Gewinnen (siehe oben) ist die Bestimmung der Dauer dieser Steuerfreistellung, also der Länge des Tax Shields durch




bestimmt. stellt hierbei den im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Verlustvortrag dar. Die Entstehung dieses Verlustvortrags ist nicht Gegenstand dieses Beitrags. 


Abb. 2

Abb. 2 stellt den Kaufpreis P in Abhängigkeit vom auf Ebene der zu übertragenden Gesellschaft vorhandenen Verlustvortrag dar (dicke durchgezogene Linie).
Die Begrenzung der neuen Regelung greift nicht, solange der Preis P, der letztlich den gemeinen Wert und somit die stillen Reserven bestimmt, über dem Verlustvortrag liegt; diese Bedingung ist erfüllt, solange die Bewertungsgleichung des Käufers unter Einschluss des übernommenen Verlustvortrags Werte liefert, die oberhalb der dünn eingezeichneten Hilfslinie

 
liegen. Das Tax Shield des Verlustvortrags kann in diesem Fall einfach zur Bewertung ohne Verlustvortrag addiert werden. Folglich gilt:





Funktion (3) weist einen degressiven Verlauf auf, da zusätzliche Einheiten Verlustvortrag zeitlich immer später zur Verrechnung kommen und so barwertig zunehmend weniger wert werden. Zudem beinhaltet die Formel eine Zirkularität: Um nämlich zu wissen, ob die Bedingung für die Anwendung



erfüllt ist, ist die Lösung der Formel notwendig. Ökonomisch drückt sich die Zirkularität wie folgt aus: Die Frage, wie viel Verlustvortrag unbeschränkt übertragbar ist, ist von der Höhe des Kaufpreises abhängig, da dieser die stillen Reserven determiniert. Letzterer ist jedoch wiederum abhängig von der Höhe des übertragenen Verlustvortrags.

Die Kappung des Verlustvortrags auf die stillen Reserven (Kappungsgrenze) greift, sobald







In der Grafik stellt sich dies als Schnittpunkt der degressiven Funktion mit der Hilfsfunktion


  (stille Reserven)) dar. Höhere Verlustvorträge werden durch § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG gekappt und haben keine preiserhöhende Wirkung.
 
Dieser Ausdruck lässt sich unter Anwendung der Lambert - W - Funktion umformen zu:






Da die Lambert - W - Funktion in der Praxis bislang eher ungebräuchich ist, stellen wir im Folgenden noch eine Näherungslösung vor. Diverse Szenariorechnungen legen den Schluss nahe, dass bei typischen Parameterkonstellationen bereits nach einer Iteration eine zumindest Annäherung an die akzeptable Lösung erreicht wird. In diesem Fall vereinfacht sich die Bewertungsgleichung (4 bzw. 5) zu:





 



 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen