Zwischen dem Renditeniveau von Staatsanleihen und der Prämie für entsprechende Credit-Default-Swap- (CDS-) Kontrakte besteht üblicherweise ein sehr enger Arbitragezusammenhang, da sich in ihnen jeweils - neben anderen Faktoren - das Ausfallrisiko des Emittenten der Anleihe und die Risikoaversion der Marktteilnehmer ausdrücken. Dabei gilt, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Rendite eines Papiers umso höher ist, je größer die Marktakteure das Risiko einschätzen, dass ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt. Der preisliche Zusammenhang zwischen Staatsanleihen und CDS - Markt hat sich in der Finanzkrise und dann noch einmal verstärkt in der Staatsschuldenkrise gelockert. Im Folgenden soll zunächst erläutert werden, wie die Arbitrage unter normalen Marktbedingungen erfolgt; sodann wird auf Gründe eingegangen, die den Zusammenhang gelockert haben. Es zeigt sich, dass die Beziehung zwischen CDS - und Anleihemärkten vor allem bei den Titeln nicht mehr so eng ist, die sich auf Länder beziehen, die im Fokus der Staatsschuldenkrise stehen. Verantwortlich hierfür zeichnen neben Liquiditätsprämien auch die in Krisenzeiten steigenden Finanzierungskosten von Arbitragepositionen. Die Interventionen des Eurosystems am Anleihenmarkt im Rahmen des Security Markets Programme (SMP) könnte zeitweilig an einigen Märkten zu einer Anomalie geführt haben.
Anleihen und sich auf diese Papiere beziehende CDS - Kontrakte enthalten grundsätzlich das gleiche Kreditrisiko. Ein einfaches Arbitragekalkül legt deshalb nahe, dass zwischen Renditeaufschlägen und CDS - Prämien eine enge Beziehung besteht, denn der Kursabschlag einer mit Ausfallrisiko behafteten Anleihe gegenüber dem ausfallsicheren Papier sollte gerade ausreichen, um die CDS - Versicherungsprämie zu zahlen. Hintergrund hierfür ist, dass die Portfoliokombination aus höher verzinster Anleihe und CDS - Vertrag risikofrei ist und damit den gleichen Ertrag abwerfen sollte wie ein von vornherein risikofreies Papier. Führen Preisbewegungen dazu, dass Zinsaufschlag und CDS - Prämie deutlich voneinander abweichen, ergeben sich für Händler auf einem vollkommenen Markt Möglichkeiten, risikofreie Gewinne abzuschöpfen. Entsprechende Geschäfte führen dazu, dass die Preise von Staatsanleihen und CDS die Tendenz aufweisen, sich immer wieder in einen als Arbitragegleichgewicht bezeichneten Zustand zu bewegen, in dem es nicht möglich ist, ohne Risiko Gewinne zu erwirtschaften. Die CDS - Märkte haben dabei in den Anpassungsprozessen in der Regel die Preisführerschaft.
Um kurzzeitig auftretende Arbitragemöglichkeiten "am Rande des Gleichgewichts" rasch zu erkennen, berechnen Händler in der Praxis die sogenannte Basis. Sie ist die in Basispunkten ausgedrückte Differenz zwischen laufzeitäquivalenten CDS - und Anleihenspreads. Als Faustregel gilt dabei, dass eine Handelsposition umso lohnender ist, je größer der (positive oder negative) Unterschied zwischen den beiden Größen ist. Auf einem vollkommenen Markt sollte die Basis durch Handelstätigkeit langfristig vollständig eingeebnet werden. Allerdings treiben in der Realität einige Faktoren einen Keil zwischen die enge Beziehung, sodass eine Lücke nicht immer durch Handelsmöglichkeiten geschlossen werden kann.
Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass Händler abhängig vom Anwendungszweck die Basis unterschiedlich kalkulieren. So kann sich vor allem die Berechnung der Zinsdifferenz der Anleihen - abhängig vom verwendeten Modell - als aufwendig erweisen. Einen guten ersten Einblick erhält man aber, wenn der Bondspread überschlägig als Zinsdifferenz zur Benchmarkanleihe berechnet wird. Im Kontext des Euro-Raums enthält deswegen die Basis häufig die Differenz der Rendite zehnjähriger Anleihen eines Landes zu der zuletzt begebenen zehnjährigen Bundesanleihe.
Ein weiterer Faktor, der die Höhe der Basis maßgeblich bestimmt, sind die jeweiligen Liquiditätsprämien der Anleihen. Gerade in der oft angespannten Marktverfassung der letzten Jahre hat die relative Liquidität der Instrumente an Bedeutung gewonnen. Da Bundesanleihen das liquideste zinstragende Marktinstrument im Euro - Raum sind, haben die Marktverspannungen der Krisenjahre dazu geführt, dass die Basis der Tendenz nach zunehmend negativ wurde: Die hohe Liquidität der Bundesanleihen beziehungsweise die sinkende Liquidität von Staatsanleihen anderer EWU - Länder haben demnach die Renditespreads nach oben getrieben. Die CDS - Prämien haben diesen Effekt nicht in gleicher Weise nachvollzogen.
Ein anderer Grund, der in die gleiche Richtung wirkt, sind die Finanzierungskosten von Handelsgeschäften. Üblicherweise kalkulieren Geldhäuser auf Grundlage bankspezifischer Finanzierungssätze. In Krisenzeiten mit hohen institutsspezifischen Risikoprämien rechnet es sich für die Banken mit einem höheren Kreditrisiko eher, die Rolle des Sicherungsgebers durch einen CDS - Kontrakt einzunehmen, als die vom Kreditrisiko aus betrachtet äquivalente Position, die darin besteht, sich Geld (zu durch Risikoprämien erhöhten Sätzen) zu borgen und eine risikobehaftete Anleihe zu kaufen. Dieser Effekt kann dadurch vestärkt werden, dass in Krisenzeiten die Qualität der risikobehafteten Anleihe als Sicherheit abnimmt und daher an den Repomärkten höhere Abschläge angesetzt werden. Relativ gesehen verbilligt sich deshalb wegen der ausbleibenden Nachfrage am Rentenmarkt das Zinspapier mit höherem Ausfallrisiko, sodass der Anleihenspread größer wird, während zugleich die CDS - Prämie der Tendenz nach sinkt. Beides trägt dazu bei, dass die Basis ins Negative dreht.
Neben solchen Marktpreisfaktoren beeinflussen aber auch vertragsspezifische Größen die Höhe der Basis. So kann die Basis deswegen unter null fallen, weil der CDS - Sicherungsnehmer bei einem Zahlungsausfall üblicherweise nicht gegen einen Verlust der Kuponzahlungen abgesichert ist. Der Keil wächst mit der Nähe zum Kuponzahlungstermin und der Höhe des dann zu leistenden Kupons.
Es gibt aber auch Faktoren, die den Zusammenhang in die andere Richtung lockern und zu einer positiven Basis beitragen. So stattet üblicherweise der Sicherungsgeber CDS - Kontrakte mit einer "cheapest-to-deliver" - Option aus, die dem Sicherungsnehmer das Recht einräumt, im Falle eines Kreditereignisses dem Sicherungsgeber die für ihn günstigste Anleihe zu liefern. Der Sicherungsgeber verlangt für diese Option eine Prämie, die den CDS - Spread relativ zum Renditeunterschied - der auf spezifischen Anleihen beruht - vergrößert. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Details, die beim Handel mit der Basis beachtet werden müssen.
Regulatorische Reaktionen auf die Staatsschuldenkrise und Interventionen des Eurosystems an den Finanzmärkten könnten ebenfalls einen Einfluss auf die Höhe der Basis genommen haben. Im Verlauf der Krise zeigt sich jedenfalls, dass die in der Regel negative Differenz aus CDS - Prämien und Anleiherenditen beispielsweise im Falle Griechenlands im Zuge der getroffenen Maßnahmen zeitweilig das Vorzeichen wechselte und ungewöhnliche (positive) Größenordnungen annahm. Eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Basis haben möglicherweise die Interventionen durch das Eurosystem im Rahmen des SMP gespielt. Hierbei beschränkten sich die öffentlichen Marktteilnehmer einseitig auf die Ankaufsseite von Anleihen. So könnten die Stützungskäufe den Preis für Anleihen aus einzelnen in Bedrängnis geratenen Ländern auf ein gemessen am markträumenden Preis zu hohes Niveau gebracht werden. Private Akteure wären in diesem Fall nicht bereit gewesen, zu den vom Eurosystem gezahlten Preisen Anleihen zu kaufen beziehungsweise die Gegenposition zu einem Leerverkauf einzugehen. Mögliche private Anbieter wären damit mengenmäßig beschränkt, mit der Wirkung, dass die in den positiven Werten der Basis angelegten risikolosen Gewinne nicht realisiert werden konntne.
Festzuhalten bleibt daher, dass in den Krisenmonaten der sonst sehr enge Arbitragezusammenhang zwischen den beiden Märkten tendenziell lockerer geworden ist. Im Ergebnis führte dies dazu, dass die Basis überwiegend negativ wurde und für die Krisenländer stark schwankte. Dies spricht eher gegen die These, dass von den CDS - Märkten eine eigenständige, destabilisierende Wirkung auf die Anleihenmärkte ausging.
(Quelle: DEUTSCHE BUNDESBANK, Monatsbericht Juni 2011, S. 44-45)
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