Eurobonds sind ein alter Hut. Der erste Eurobond wurde 1963 von AUTOSTRADA zur Finanzierung des italienischen Autobahnnetzes emittiert. Die Anleihe war in USD denominiert und wurde am europäischen Kapitalmarkt ausgegeben, das heißt in Luxemburg, London und Frankfurt am Main. Eurobonds dienten zur Vermeidung von Währungsrisiken. AUTOSTRADA musste seine Kreditoren in USD bezahlen. Deshalb wurde ihr Eurobond ebenfalls in dieser Währung aufgelegt.
Zum Begriff des Eurobonds
Ursprünglich verstand man unter Eurobonds von Unternehmen sowie von Staaten emittierte Anleihen, die in einer anderen Währung als der Landeswährung des Emittenten an europäischen Börsenplätzen ausgegeben wurden.
Später wurden alle an europäischen Börsenplätzen emittierte Unternehmens - und Staats- Anleihen als Eurobonds bezeichnet, unabhängig von ihrer Währung. Ebenso geläufig war der Begriff für Anleihen, die in EURO (vorher: ECU) ausgegeben wurden, unabhängig von ihrem Börsenplatz.
In der gegenwärtigen Diskussion sind mit Eurobonds Staatsanleihen von Ländern der Euro - Zone gemeint. In diesem Charakteristikum stimmen alle Diskussionsbeiträge überein.
Zweck
Eurobonds sollen gewährleisten, dass auch die hochverschuldeten Länder der EURO - Zone trotz gravierender Haushaltsprobleme Zugang zu den Kapitalmärkten behalten; und zwar zu tragbaren Zinsen. Selbst bonitätsmäßig einwandfreie Staaten, wie Deutschland, wären aber mit der Insolvenz eines anderen EURO - Staates finanziell überfordert. Aus diesem Grunde ist der durch Eurobonds angestrebte Zweck nur zu erreichen, wenn die mithaftenden Länder politischen Einfluss auf die hochverschuldeten Länder bekommen, um auf deren Haushaltsdisziplin einwirken zu können. Eine europäische Wirtschaftsregierung bildet den unverzichtbaren politischen Rahmen für Eurobonds! In anderen Worten: Sobald die europäische Wirtschaftsregierung einigermaßen funktioniert, wird es selbstverständlich Eurobonds geben. Zwei wichtige Schritte auf dem Weg zur politischen Union Europas.
Funktion und Wirkung von Eurobonds
Hochverschuldete Länder der EURO - Zone decken ihre Neuverschuldung zu 100 % durch Eurobonds, bis 60 % ihres BIP durch diese neuen Euroanleihen finanziert worden sind ("senior debt"). Dieser Umschuldungsprozess wird einige Jahre dauern. In einer modelltheoretischen Rechnung kommt Justin KNIGHT (UBS Global Makro Team) für Italien auf sieben Jahre, für Belgien und Frankreich auf sechs Jahre.
Ein darüber hinausgehender Mittelbedarf ("junior debt") muss durch herkömmliche Staatsanleihen, ohne Mithaftung der anderen EURO - Länder, aufgebracht werden. Die betreffenden Länder werden bestrebt sein, den Anteil des hochverzinslichen junior debt so niedrig wie möglich zu halten. Unter diesen Bedingungen wird der Kapitalmarkt das Ausfallrisiko korrekt "einpreisen". Die Erwartung hoher Zinsen für junior debt wirkt möglicherweise sofort als Schuldenbremse und nicht erst in sechs bis sieben Jahren.
Dieses Konzept geht auf Jakob von WEIZSÄCKER und Jaques DELPLA, beide Bruegel Institut, zurück.
In ihrer Wirkung auf die Bonität der EURO - Zone unterscheiden sich Eurobonds nicht wesentlich von einer Ausweitung des europäischen Finanzstabilisierungs - Fonds (EFSF), wie sie Manuel Barroso kürzlich gefordert hat. Deshalb war es - ohne europäische Wirtschaftsregierung - durchaus folgerichtig, Barrosos Vorschlag schnell abzulehnen.
Keinesfalls darf übersehen werden, dass bereits das bisherige Volumen des EFSF im Falle der Insolvenz eines EURO - Landes höchst unerwünschte Dominoeffekte auf die anderen Staaten der EURO - Zone haben wird. Deshalb müssen insolvenzgefährdende Entwicklungen unter allen Umständen vermieden werden. Die EZB handelt vollkommen richtig, indem sie Staatsanleihen der Defizitländer erwirbt. Damit verschafft sie ihnen Zeit, die sie dringend zur Haushaltskonsolidierung brauchen. Leider fungiert die politisch unabhängige EZB jetzt als Reparaturbetrieb für diejenigen Europapolitiker, die ihre Augen vor den Haushaltsdefiziten von Ländern verschlossen hatten, die aus rein politischen Erwägungen zur EURO - Zone gehören sollten.
Haushaltsdisziplin ist trotz einer Schuldenbremse in Form hoher Zinsen für junior debt politisch schwer zu vermitteln, denn schließlich ist Geld eines der wichtigsten Politikinstrumente. Also: Welche politischen Beiträge kann eine europäische Wirtschaftsregierung leisten?
Ein wichtiger Aspekt ist, dass die europäische Wirtschaftsregierung einem erneuten "moral hazzard" vorbeugt. Vor Einführung des EURO hat Griechenland Anleihen mit Nominalzinsen von über 10 % p.a. emittiert. Dieser hohe Zinssatz war eine wirksame (implizite) Schuldenbremse. Nach Einführung des EURO sanken die Zinsen für griechische Staatsanleihen um mehr als die Hälfte. Im August 2002 hatten sie bei 10 Jahren Laufzeit eine Rendite von 4,95 % p.a. Damit waren "die Schleusen geöffnet". Das Resultat ist eine untragbar hohe Staatsverschuldung. Eurobonds würden eine Senkung der durchschnittlichen Zinslast und damit die selbe negative Wirkung auf die Haushaltskonsolidierung haben.
Ein weiterer Aspekt ist, dass eine europäische Wirtschaftsregierung eine erneute Bankenkrise wirksamer verhindern kann als dies einzelnen Regierungen möglich ist. Schließlich ist ein nicht unerheblicher Teil der jetzt beklagten Staatschulden auf die Rettung nationaler Banken (too big to fail) zurückzuführen, die verantwortungslos spekuliert hatten. Das Thema Banken- und Finanzmarktregulierung muss auf der Agenda einer europäischen Wirtschaftsregierung ganz oben stehen.
Eine europäische Wirtschaftsregierung und Eurobonds werden die politische Union Europas herbeiführen. Was bedeutet das? Im Endeffekt wird es eine europäische Haushaltsunion geben! Die föderale Struktur der Bundesrepublik kann als Vorbild dienen.
Eurobonds aus Sicht der Anleger
Bei eher sicheren Anleihen, wie Bundesanleihen, würden die Renditen steigen, weil deren Emittenten für eher unsichere Anleihen, wie die der hochverschuldeten Staaten, gesamtschuldnerisch mithaften. Der übliche Rendite-/Risiko - Zusammenhang bleibt also erhalten. Deshalb ist die Einschätzung falsch, wonach Anleihen des Bundes für Anleger attraktiver werden würden. Attraktiver wären sie, falls auch zukünftig ihr Ausfallrisiko = 0 wäre. Diese Zeiten werden jedoch vorbei sein, wenn Deutschland auch für die Schulden der anderen EURO - Länder aufkommt.
Ein neuer Markt für Eurobonds wäre allerdings wesentlich liquider als dies gegenwärtig bei Bundesanleihen der Fall ist:
Bislang gelten Bundesanleihen als Nonplusultra am europäischen Rentenmarkt. Sie sind bei Anlegern am beliebtesten und als sicherer Hafen gesucht. Allerdings ist der Markt für Bundesanleihen mit einem ausstehenden Volumen von rund 1100 Mrd. Euro recht klein - er entspricht rund zwölf Prozent des Markts für US-Staatsanleihen.
Große Investoren schätzen jedoch große Märkte, da sie auf diesen umfangreiche Transaktionen leicht platzieren können, ohne dass es zu Kursausschlägen kommt. Der Eurobond-Markt könnte mit der Zeit auf über 5000 Mrd. Euro anschwellen. "Viele Investoren wären über einen Eurobond-Markt sicher nicht unglücklich", so Johannes Müller, Chefökonom der Deutsche-Bank-Fondsgesellschaft DWS. "Es wäre ein sehr großer und liquider Markt, an dem kein globaler Investor vorbei käme."(FTD vom 18.08.2011, 06:55 Uhr).
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