Samstag, 6. August 2011

Formen der Rekapitalisierung von Banken

Wenngleich es verschiedene Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Solidität einer Bank oder zu deren Abwicklung gibt, gelten einige Formen der Rekapitalisierung entweder für sich allein oder in Kombination mit anderen Maßnahmen aus offensichtlichen Gründen als gängige Methoden, um mit derartigen Problemen umzugehen. Die Aufbringung von Kapital an den Märkten ist in der Regel ein langwieriger Prozess, der auch die Zustimmung durch die Hauptversammlung erfordert. Je länger es allerdings dauert, eine Bank zu rekapitalisieren und ihre Solidität wiederherzustellen, umso höher ist das Risiko eines Vertrauensverlusts im Hinblick auf die Bank selbst und einer Ansteckung anderer Marktteilnehmer. Obwohl das Zeitproblem dadurch gelöst werden könnte, dass Aktionäre den Vorstand vorab ermächtigen, in solchen Fällen Aktienkapital zu begeben, bleiben andere Hindernisse bestehen. So könnten Altaktionäre zögern oder nicht in der Lage sein, selbst Kapital zuzuführen, und externe Anleger könnten kein Interesse daran haben oder erhebliche Zeit für die Due - Diligence - Prüfung benötigen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der derzeitigen regulatorischen Überlegungen ist folgender: Entscheidet sich eine Regierung dafür, eine Bank mit hochwertigem Eigenkapital zu rekapitalisieren, so könnte dies den von Altaktionären gehaltenen Anteil an der ursprünglichen Kapitalstruktur bis zu einem gewissen Grad verwässern, andere Anleger, die vorrangigere Kapital- oder Schuldenbestandteile halten, jedoch effektiv schützen. Vor diesem Hintergrund dienen die verschiedenen derzeit diskutierten regulatorischen Konzepte zwei Zwecken: a) der Sicherstellung einer zügigen Rekapitalisierung (was die Qualität oder die Quantität des regulatorischen Eigenkapitals betrifft) und b) dem Schutz der Steuerzahler und der gleichzeitigen Beschränkung des Moral Hazard. Auf die drei wichtigsten Instrumente soll im Folgenden eingegangen werden.


Bei bedingt wandelbarem Kapital ("contingent convertible capital instruments", sogenannte "CoCos") handelt es sich im Allgemeinen um Schuldtitel, die nach Eintritt eines im Voraus festgelegten Auslöseereignisses automatisch in Aktien umgewandelt werden oder einem dauerhaften Abschlag auf den Nominalwert unterliegen. CoCos sind nicht neu; die erste CoCo - Anleihe wurde im November 2009 von der Lloyds Bank begeben. Im März 2010 emittierten die Rabobank und später auch andere Institute derartige Schuldtitel. In einigen nationalen rechtlichen Regelungen (etwa im US - amerikanischen Dodd - Frank - Act und in Schweizer Gesetzvorlagen) haben sie schon Eingang gefunden. Auf globaler Ebene wird im FSB diskutiert, ob die für systemrelevante Finanzinstitute erforderliche zusätzliche Verlustabsorptionsfähigkeit (teilweise oder vollständig) durch CoCos gedeckt werden könnte.


Eine Umwandlung oder Nominalwert - Abschreibung ist auch das zentrale Element des "point of non - viability" - Mechanismus, der von der Gruppe der Zentralbankpräsidenten und Leiter der Aufsichtsbehörden im Januar 2011 unterstützt wurde. Diese Regelung sieht Mindestanforderungen vor, durch die sichergestellt werden soll, dass bei starker Gefährdung oder nicht mehr gegebener Überlebensfähigkeit einer Bank (point of non - viability) alle Kategorien von Eigenkapitalinstrumenten voll für Verluste haften, bevor die öffentliche Hand bzw. die Steuerzahler für diese aufkommen müssen. Entsprechend würden die Vertragsbedingungen aller nicht zum Stammkapital zählenden Eigenkapitalinstrumente (d.h. nicht zum Stammkapital zählende Kernkapitalinstrumente sowie die Ergänzunskapitalinstrumente) international tätiger Banken eine Klausel enthalten, wonach sie entweder abgeschrieben oder in Stammkapital umgewandelt werden, sofern die Behörden entscheiden, dass eine solche Maßnahme oder eine staatliche Kapitalspritze notwendig ist. Diese Wertpapiere würden also voll für Verluste haften; die Halter dieser Instrumente wären auch bei späteren staatlichen Hilfen in Form von Stammkapital die ersten, die die Verluste tragen müssten; und ihre Investitionen würden durch zusätzliche Kapitalzuführungen verwässert werden.

Beim Bail - In (oder bei der Schuldenabschreibung, um den Wortlaut der Europäischen Kommission zu verwenden) handelt es sich im Prinzip um eine Ausweitung des Konzepts des "point of non - viability", aber auch um ein gesetzliches Abwicklungsinstrument. Ein Bail - In würde die Behörden ermächtigen, in dem als notwendig erachteten Rahmen vorrangige (unbesicherte) Verbindlichkeiten abzuschreiben oder in Eigenkapital umzuwandeln, um sicherzustellen, dass das Kreditinstitut wieder solvent und so dessen Unternehmensfortführung sichergestellt ist. Dieses Abwicklungsinstrument stünde im Allgemeinen dann zur Verfügung, wenn die Auslöser für eine Abwicklung des Instituts erreicht sind und nachdem alle Eigenmittel abgeschrieben sowie alle nachrangigen Verbindlichkeiten abgeschrieben oder umgewandelt wurden.

Zusammenfassend ist anzumerken, dass die oben erläuterten drei Instrumente sich insofern ähneln, als sie alle in Stresszeiten die Qualität des Eigenkapitals verbessern oder dessen Quantität erhöhen. Die größten Unterschiede ergeben sich hinsichtlich ihres Wirkungszeitpunktes (CoCos werden generell in frühen Phasen verwendet, während der "point of non - viability" - Mechanismus und die Umwandlung im Rahmen des Bail - In erst eingesetzt werden, wenn ein Ausfall droht), ihres Umfangs (Bail - Ins decken eine deutlich größere Bandbreite an Instrumenten ab) und der Rolle der Behörden (so können CoCos mit wenig oder ohne Einbezug der Behörden abgewickelt werden, wohingegen der "point of non - viability" - Mechanismus und Bail - Ins stark von Behördenentscheidungen abhängen). Diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede erfordern eine gründliche regulatorische Analyse möglicher Synergien, Überschneidungen und im Extremfall eventueller Konflikte zwischen diesen Instrumenten.
(EZB, Monatsbericht Juli 2011, S. 99-100)




Annex

Minimum requirements to ensure loss absorbency at the point of non-viability

Scope and post trigger instrument
1. The terms and conditions of all non-common Tier 1 and Tier 2 instruments issued by an internationally active bank must have a provision that requires such instruments, at the option of the relevant authority, to either be written off or converted into common equity upon the occurrence of the trigger event unless:
  1. the governing jurisdiction of the bank has in place laws that (i) require such Tier 1 and Tier 2 instruments to be written off upon such event, or (ii) otherwise require such instruments to fully absorb losses before tax payers are exposed to loss;
  2. a peer group review confirms that the jurisdiction conforms with clause (a); and
  3. it is disclosed by the relevant regulator and by the issuing bank, in issuance documents going forward, that such instruments are subject to loss under clause (a) in this paragraph.
2. Any compensation paid to the instrument holders as a result of the write-off must be paid immediately in the form of common stock (or its equivalent in the case of non-joint stock companies).
3. The issuing bank must maintain at all times all prior authorisation necessary to immediately issue the relevant number of shares specified in the instrument's terms and conditions should the trigger event occur.
Trigger event
4. The trigger event is the earlier of: (1) a decision that a write-off, without which the firm would become non-viable, is necessary, as determined by the relevant authority; and (2) the decision to make a public sector injection of capital, or equivalent support, without which the firm would have become non-viable, as determined by the relevant authority.
5. The issuance of any new shares as a result of the trigger event must occur prior to any public sector injection of capital so that the capital provided by the public sector is not diluted.
Group treatment
6. The relevant jurisdiction in determining the trigger event is the jurisdiction in which the capital is being given recognition for regulatory purposes. Therefore, where an issuing bank is part of a wider banking group and if the issuing bank wishes the instrument to be included in the consolidated group's capital in addition to its solo capital, the terms and conditions must specify an additional trigger event. This trigger event is the earlier of: (1) a decision that a write-off, without which the firm would become non-viable, is necessary, as determined by the relevant authority in the home jurisdiction; and (2) the decision to make a public sector injection of capital, or equivalent support, in the jurisdiction of the consolidated supervisor, without which the firm receiving the support would have become non-viable, as determined by the relevant authority in that jurisdiction.
7. Any common stock paid as compensation to the holders of the instrument must be common stock of either the issuing bank or of the parent company of the consolidated group (including any successor in resolution).
Transitional arrangements
Instruments issued on or after 1 January 2013 must meet the criteria set out above to be included in regulatory capital. Instruments issued prior to 1 January 2013 that do not meet the criteria set out above, but that meet all of the entry criteria for Additional Tier 1 or Tier 2 capital set out in Basel III: A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems, will be considered as an "instrument that no longer qualifies as Additional Tier 1 or Tier 2" and will be phased out from 1 January 2013 according to paragraph 94(g).






Dodd - Frank, Wall Street Reform and Consumer Protection Act



 Albus, Boris et al.: Contingent Convertible Bonds and Capital Structure Decisions






BIS: Proposal to ensure the loss absorbency of regulatory capital at the point of non - viability - consultative document





BIS: Basel III, A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems - revised version June 2011






G 20 Survey on Bank Bail - Ins and NVCC




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