Freitag, 8. Juli 2011

Die Discounted Cash Flow - Verfahren der Unternehmensbewertung



Die "Discounted Cash - flow - Verfahren" (DCF) der Unternehmensbewertung sind die populärste Ausprägung marktwertorientierter Modelle. Allerdings bilden sie kein in sich geschlossenes Bewertungskonzept, sondern zerfallen in Varianten mit spezifischen Anwendungsvoraussetzungen. In der praktischen Anwendung ist die strikte Einhaltung dieser  Anwendungsvoraussetzungen ein häufig aus theoretischer Unkenntnis übersehenes  oder  ein ignoriertes Problem. 

Für die Wahl der anzuwendenden DCF - Bewertungsgleichungen ist vor allem maßgeblich, welche Finanzierungspolitik unterstellt wird. Bei einer rein analytischen Betrachtung sind zwei idealtypische Finanzierungsstrategien voneinander zu unterscheiden:

  • Festlegung einer Zielkapitalstruktur

    Mit dieser Strategie wird ein fixierter Verschuldungsgrad angenommen, der vom Unternehmen während des gesamten Planungshorizonts einzuhalten ist. D.h., bei Veränderungen des Unternehmenswertes muss der Fremdkapitalbestand angepasst werden ("unternehmenswertabhängige Finanzierungspolitik").

  • Festlegung des Fremdkapitalbestandes

    Es wird unterstellt, dass das Unternehmen die Entwicklung des Fremdkapitalbestandes im Rahmen vertraglich abgesicherter Vereinbarungen vorgibt. Da diese Finanzierungsstrategie unternehmenswertunabhängig ist, wird sie auch als autonome Finanzierungspolitik bezeichnet.

Beide Finanzierungsstrategien führen zu unterschiedlichen Konsequenzen bezüglich der Bemessung der durch die Fremdfinanzierung ausgelösten steuerlichen Vorteile. Bei Festlegung einer Zielkapitalstruktur schwankt der absolute Fremdkapitalbestand mit dem Unternehmenswert. Daraus ergeben sich unsichere Zinszahlungen und in der Folge unsichere steuerliche Vorteile

Im Falle einer autonomen Finanzierungspolitik können die Steuervorteile mit Sicherheit erwartet werden, da auch die Zinszahlungen aufgrund fester Kreditvereinbarungen fix sind. Selbstverständlich muss dabei berücksichtigt werden, dass das Unternehmen die Zinszahlungen auch leisten kann und die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht anderweitig, beispielsweise durch Abschreibungen, bereits ausgeschöpft ist.

Ob es sich bei diesen idealtypischen Finanzierungsstrategien um gute Beschreibungen tatsächlichen Finanzierungsverhaltens handelt, ist jedoch wenig wahrscheinlich. Unabhängig davon ist es, wie bereits eingangs ausgeführt, die Methodenanwendung, die theoretische und praktische Probleme bei der Unternehmensbewertung mit DCF - Modellen begründet. 


Die DCF - Verfahren haben zwei grundlegende Varianten. Ihr Unterscheidungsmerkmal ist die Abgrenzung der zu diskontierenden Zahlungsüberschüsse. 

Dem Verfahren der Bruttokapitalisierung liegen die Zahlungsüberschüsse zugrunde, die an Eigen- und Fremdkapitalgeber fließen; diskontiert werden also die Zahlungsüberschüsse vor Abzug von Fremdkapitalzinsen. Das heißt, beim Entity - Ansatz geht man von der Überlegung aus, dass der Wert eines Unternehmens weniger durch seine Finanzierungstätigkeit als durch sein Leistungs- und Investitionsprogramm bestimmt wird. Die Finanzierungsstruktur und der Zinsaufwand des zu bewertenden Unternehmens werden zunächst ausgeblendet. Insoweit kann die Bruttokapitalisierung als "finanzierungsneutral" betrachtet werden. 


Dem Verfahren der Nettokapitalisierung liegen die Zahlungsüberschüsse zugrunde, die an die Eigenkapitalgeber fließen ("Flow to Equity" = "FTE"); diskontiert werden also die Zahlungsüberschüsse nach Abzug von Fremdkapitalzinsen. Dieser Equity - Ansatz spielt in der Praxis der Unternehmensbewertung eine größere Rolle als der Entity - Ansatz. 


Verfahren der Bruttokapitalisierung (Entity - Ansatz)


Im Rahmen dieses Ansatzes wird der Wert des Eigenkapitals ermittelt, indem man den Marktwert des Fremdkapitals vom Gesamtwert des Unternehmens abzieht. Diese Trennung des Gesamtkapitals in Eigen- und Fremdkapital soll eine genauere und einfach zugängliche Analyse der wertbildenden Faktoren einer Unternehmung gewährleisten. Der leistungswirtschaftliche Bereich des zu bewertenden Unternehmens wird gedanklich vom finanzwirtschaftlichen Bereich getrennt. 




Bei einer marktwertorientierten Unternehmensbewertung ist das Verfahren der Bruttokapitalisierung zwingend anzuwenden, wenn im Unternehmenskaufvertrag ein so genanntes Cash Free / Debt Free Konzept zur Kaufpreisermittlung vereinbart worden ist. Im Rahmen dieses Konzeptes werden Modifikatoren des Brutto - Unternehmenswertes vereinbart; in der Regel sind dies Barmittel, Nettoumlaufvermögen und Finanzverbindlichkeiten. Diese Modifikatoren werden zum Bewertungsstichtag ermittelt und führen vom Brutto - Unternehmenswert zum vertragsgemäßen Kaufpreis des Unternehmens. Es ist also unabdingbar, dass sich die Parteien vor dem Entwurf des Unternehmenskaufvertrages Klarheit darüber verschaffen, welche Methode der Unternehmensbewertung angewendet wird. Eine Unternehmensbewertung nach dem weit verbreiteten Verfahren der Nettokapitalisierung wäre bei der Vereinbarung eines Cash Free / Debt Free - Konzeptes methodisch fehlerhaft.



Total Cash Flow - Variante


Die einfachste Möglichkeit, einen Gesamtkapitalwert zu errechnen, besteht darin, die tatsächlich anfallenden Zahlungsströme  v o r  Zinszahlungen mit den durchschnittlichen Kapitalkosten (ermittelt aus geforderter Eigenkapitalrendite bei IST - Verschuldung sowie Fremdkapital - Zinsen) zu diskontieren. Zählergröße ist damit der so genannte Total Cash Flow (TCF); Nennergröße sind - in der Regel periodenspezifische - Diskontierungsfaktoren auf der Grundlage des WACC.


Diese TCF - Variante wird in der Bewertungspraxis äußerst selten angewendet. Sie unterläuft nämlich ebenso wie die FTE - Methode das häufig gesetzte Ziel, Dispositionen der leistungswirtschaftlichen Unternehmensbereiche von Finanzdispositionen zu trennen, da die Zählergröße nicht finanzierungsneutral ist: Die Zahlungsströme an die Unternehmenseigner enthalten auch die anteiligen Ertragsteuern, d.h. Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer auf den erwirtschafteten Gewinn. Je größer aber die Eigenkapitalquote ist, desto geringer fallen die Zinszahlungen aus, desto größer ist der Gewinn und mithin auch die Steuerzahlung. Insofern verfehlt die TCF - Variante die Zielsetzung einer klaren Trennung der operativen und finanziellen Werteffekte.



APV - Ansatz

Im Rahmen der Entity - Methoden wird das Gesamtkapital eines Unternehmens in Eigen- und Fremdkapital getrennt. Dies soll eine gute Analyse der wertbildenden Faktoren eines Unternehmens gewährleisten. Der Leistungsbereich wird gedanklich vom Finanzierungsbereich separiert. D.h., leistungswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Zahlungsströme werden getrennt bewertet.

Beim Adjusted Present Value - Ansatz (APV) werden die Wertkomponenten des Unternehmens additiv zusammengesetzt:

Unternehmenswert

= hypothetischer Marktwert eines unverschuldeten Unternehmens
+ Steurvorteil der Fremdverschuldung (Steuerschild / Tax Shield)
- Marktwert des Fremdkapitals


WACC - Ansatz 

Nach diesem Weighted Average Cost of Capital - Ansatz ist der den Eigen- und Fremdkapitalgebern insgesamt zufließende Zahlungsstrom zu bewerten. Dies bedeutet, dass in dem bewertungsrelevanten Überschuss keine Fremkapitalkosten abgezogen sind. Die Wirkung der Fremdfinanzierung auf den Unternehmenswert wird ausschließlich im Kapitalisierungszinsfuß berücksichtigt. Demzufolge sind die "Free Cash - flows" mit einem entsprechend der Kapitalstruktur gewichteten Mischzins zu diskontieren (Durchschnittskapitalkostensatz). 

Vergleich von APV-/ und WACC - Ansatz

Probleme ergeben sich

  • durch Anwendung des APV - Ansatzes bei einer unternehmenswertorientierten Finanzierungsstrategie bzw.

  • durch Anwendung des WACC - Ansatzes bei autonomer Finanzierungspolitik.

In beiden Fällen sind dann die jeweiligen idealtypischen Anwendungsvoraussetzungen nicht gegeben. 

Exkurs: Der BALLWIESER - KRUSCHWITZ / LÖFFLER - Disput über die Anwendungsvoraussetzungen:


Lutz KRUSCHWITZ / Andreas LÖFFLER (FB, Heft 11, 2003, S. 731-733):

  • Missverständnis 1: Unternehmensbewertung kann ohne Annahmen über die Finanzierungspolitik erfolgen. Ein klassisches Resultat der Finanzierungslehre ist die These von Modigliani/Miller, wonach die Finanzierungspolitik keinen Einfluss auf den Unternehmenswert besitzt. Beide Autoren haben bereits in einer Korrektur ihres ursprünglichen Artikels bemerkt, dass ihr Resultat zusammenbricht, wenn Steuern zu berücksichtigen sind. Die Höhe des Steuereffekts wird auch als tax shield bezeichnet und bildet einen wichtigen Gegenstand der DCF - Verfahren. Das tax shield des Zeitpunkts t berechnet sich aus dem Produkt von Steuersatz, risikolosem Zins und Höhe des Fremdkapitals der Vorperiode.

    Dabei wird üblicherweise unterstellt, dass sowohl der Steuersatz als auch der risikolose Zins sichere Größen darstellen. Unsicherheit im tax shield kann unter diesen Voraussetzungen nur dadurch entstehen, dass die Höhe des künftigen Fremdkapitals unsicher wird. Ausgangspunkt einer angemessenen Bewertung der Steuervorteile mit den DCF - Verfahren ist die Erkenntnis, dass es verschiedene Gründe für Unsicherheit über zukünftige Fremdkapitalmengen geben kann und demzufolge je nach Ursache andere Risikoprämien für den Steuervorteil relevant sind.

    ...

    Wer sich bei der Unternehmensbewertung nicht von vornherein auf eine bestimmte Finanzierungspolitik festlegt, kann nicht korrekt bewerten. Das tax shield ist noch nicht festgelegt, wird aber den Unternehmenswert beeinflussen. Es ist ganz ähnlich, als wenn wir nicht wüssten, wie sich der Umsatz des Unternehmens entwickeln wird.

  • Missverständnis 2: WACC und APV führen zu identischen Ergebnissen. Wenn autonom finanziert wird, heißt das: der Bewerter kennt die zukünftigen Fremdkapitalmengen des Unternehmens. Eine Bewertungsgleichung, die sich unter dieser Annahme anbietet und den korrekten Unternehmenswert liefert, ist die APV - Gleichung. Damit ist das Rechnen mit dem adjusted present value (APV) an die autonome Finanzierung gebunden.


    Wenn wertorientiert finanziert wird, heißt das: der Bewerter kennt die zukünftigen Fremdkapitalquoten des Unternehmens. Eine Bewertungsgleichung, die unter dieser Voraussetzung den richtigen Unternehmenswert liefert, ist die WACC - Formel. Damit ist das Rechnen mit gewichteten Kapitalkosten an die wertorientiert Finanzierung gebunden.


    Wir geben gerne zu, dass in der Literatur "Mischformeln" hergeleitet worden sind, die wie WACC - Formeln aussehen und sich dennoch dazu eignen, bei autonomer Finanzierung eingesetzt zu werden, oder wie APV - Formeln aussehen und trotzdem auch bei wertorientierter Finanzierung verwendet werden können. Aus theoretischer Sicht sind solche Bewertungsgleichungen interessant, praktisch bedeutsam sind sie nicht.


    Ein autonomer Bewerter unterstellt sichere künftige Fremdkapitalmengen. Welchen Sinn macht dann die Fiktion, dass er diese Fremdkapitalmengen nicht kennt (sonst bräuchte er nur mittels der APV - Formel zu bewerten), sondern stattdessen zu den unsicheren, erwarteten Fremdkapitalquoten greift, um sie in eine WACC - Formel einzusetzen? Ebenso liegt der entgegengesetzte Fall: wenn ein Investor zukünftige sichere Fremdkapitalquoten unterstellt, warum sollte er dann fingieren, dass er sie nicht kennt, sondern stattdessen Zugang zu den unsicheren erwarteten Fremdkapitalmengen besitzt, um sie in eine APV - Formel einzusetzen?

    ...

    Es dürfte klar geworden sein, dass es mindestens zwei voneinander abweichende Finanzierungsannahmen gibt. Beide Annahmen unterscheiden sich durch die Art und Weise, wie in der Zukunft Fremdkapital aufgenommen beziehungsweise getilgt wird. Im ersten Fall sind Steuervorteile aus der Fremdfinanzierung sicher (autonome Finanzierung), im zweiten Fall sind sie unsicher (wertorientierte Finanzierung). Da sichere Zahlungen aus dem Blickwinkel risikoaverser Investoren stets wertvoller sind als unsichere Zahlungen, ist es vollkommen plausibel, wenn man vermutet, dass beide Annahmen zu unterschiedlichen Unternehmenswerten führen. Darauf wurde in der Literatur inzwischen oft genug hingewiesen. WACC und APV müssen demnach - zumindest bei ökonomischer Vorgehensweise - zu verschiedenen Unternehmenswerten führen.


  • Missverständnis 3: Der gewichtete Kapitalkostensatz kann aus dem Durchschnitt von Eigenkapital- und (um Steuervorteile adjustierten) Fremdkapitalsatz berechnet werden



    In vorstehender Gleichung stellen

        die Fremdkapitalquote,
        die Eigenkapitalkosten des verschuldeten Unternehmens,
        die Fremdkapitalkosten und
        den Ertragsteuersatz dar. Missverständnisse im Zusammenhang mit Gleichung (3) sind nach unserer Erfahrung besonders schwer auszurotten. Diese Definitionsgleichung für die durchschnittlichen Kapitalkosten ist zwar alles andere als falsch; trotzdem dürfte es in der Praxis kaum Situationen geben, in denen man so einfach mit ihr arbeiten könnte. Und ohne weitere Kommentare suggeriert sie, dass dies anders wäre. Mit diesem Missverständnis gilt es aufzuräumen.

    Die Detailfragen, mit denen wir uns dabei auseinander zu setzen haben, erschließen sich besonders leicht, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Fremdkapitalquote lenkt. Die Fremdkapitalquote kommt in Gleichung (3) in zwei verschiedenen Bedeutungen vor, zum einen als Variable und zum anderen als Index der Eigenkapitalkosten des verschuldeten Unternehmens.

    Gehen wir zunächst einmal auf l als Variable ein. Da die Fremdkapitalquote zumindest in der hier wiedergegebenen Schreibweise von Gleichung (3) keinen Zeitindex trägt, ..., erweckt die Definitionsgleichung den Eindruck, dass ein konstanter Verschuldungsgrad vorauszusetzen ist, wenn man mit dem Konzept der gewichteten Kapitalkosten arbeiten will. Dieser Eindruck ist falsch. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.

    Trotzdem sollten wir erst einmal festhalten, dass mit dem WACC - Ansatz auch dann gearbeitet werden darf, wenn wir es mit im Zeitablauf veränderlichen Fremkapitalquoten zu tun haben.


    Wenden wir uns jetzt der Fremdkapitalqute als Index der Variablen
       zu, bei der es sich um die Eigenkapitalkosten des verschuldeten Unternehmens handelt. Diese Variable ist - jedenfalls unter realistischen Bedingungen - keine Zahl, sondern eine Funktion, und zwar eine Funktion von l. Im Allgemeinen sind die Eigenkapitalkosten um so höher, je stärker das zu bewertende Unternehmen verschuldet ist. Nun sind zwei Fälle zu unterscheiden.

    Im ersten Fall kennt der Bewerter die relevanten Eigenkapitalkosten des verschuldeten Unternehmens, was im Kern voraussetzt, das ihm auch der Verschuldungsgrad des zu bewertenden Unternehmens bekannt ist. Dann braucht er diese Zahl tatsächlich nur in Gleichung (3) einzusetzen und kann daraus die durchschnittlichen Kapitalkosten berechnen.

    Im zweiten Fall kennt der Bewerter die relevanten Eigenkapitalkosten des verschuldeten Unternehmens nicht. Vielmehr kennt er die Eigenkapitalkosten eines Vergleichsunternehmens, das aber einen anderen Verschuldungsgrad als das zu berwertende Unternehmen realisiert oder einer anderen Steuerbelastung als das zu bewertende Unternehmen ausgesetzt ist. Dann braucht er ein Instrument, mit dem er von den beobachteten Eigenkapitalkosten auf die in seinem Bewertungsfall relevanten Eigenkapitalkosten schließen kann. Und dabei hilft ihm Gleichung (3) auch nicht im Geringsten. Typischerweise ist aber dieser zweite Fall gegeben! Wir müssen für diesen Informationsstand konstatieren, dass Gleichung (3) in keiner Weise dazu taugt, die durchschnittlichen Kapitalkosten zu berechnen.

    Die Ermittlung der relevanten Eigenkapitalkosten eines verschuldeten Unternehmens aus den Eigenkapitalkosten eines unverschuldeten Unternehmens oder den Eigenkapitalkosten eines anders verschuldeten Vergleichsunternehmens geschieht mit Hilfe so genannter Anpassungsformeln, auf die im Rahmen des nächsten Missverständnisses eingegangen wird.

    • Missverständnis 4: Als Anpassungsformel kann die Modigliani - Miller - Anpassung verwendet werden


      

    Eine Anpassungsformel wird aus einem theoretischen Modell hergeleitet, das auf bestimmten Annahmen beruht. Sie darf dann auch nur unter der Voraussetzung angewandt werden, dass diese Annahmen - wenigstens näherungsweise - tatsächlich erfüllt sind.

    Modigliani und Miller haben ihre Anpassungsformel unter mehreren Voraussetzungen entwickelt, von denen die wichtigste ist, dass der Fremdkapitalbestand des zu bewertenden Unternehmens im Zeitablauf konstant bleibt. In einem solchen Fall liegt autonome Finanzierung vor.


    Wir haben geklärt, dass bei autonomer Finanzierung die APV - Formel zum korrekten Unternehmenswert führt. Für den Fall, dass man die für diesen Ansatz wichtigen Eigenkapitalkosten des unverschuldeten Unternehmens kennt, bleibt der WACC - Ansatz hier eine völlig überflüssige theoretische Spielerei.

    Der typische Fall, in dem eine Anpassungsformel benötigt wird, dürfte der Fall einer wertorientierten Finanzierung sein. Hier haben Miles und Ezzell geklärt, dass eine abweichende Anpassungsformel, nämlich






    Verwendung finden muss. Löffler hat später nachgewiesen, dass diese Anpassungsformel auch unter der Voraussetzung genutzt werden darf, dass der Verschuldungsgrad sich im Zeitablauf ändert.Theoretische Beweise dürften den Praktiker kaum wirklich interessieren. Eine Rechtfertigung für die Empfehlung ungeeigneter Gleichungen darf das aber nicht sein.



    • Missverständnis 5: Bei der Berechnung des Unternehmenswerts mit Hilfe des WACC- oder des APV - Ansatzes gibt es ein Zirkularitätsproblem
      Auch dieses Missverständnis scheint nicht auszurotten zu sein. Man soll aber nicht aufgeben, wenn man denkt, dass das Thema hinreichend wichtig ist. Also versuchen wir es.

      Wird ein Unternehmen autonom finanziert, dann erfolgt die Berechnung des Unternehmenswert am besten mit Hilfe der APV - Formel. Da die Fremdkapitalmenge als bekannt unterstellt wird, muss sie nicht berechnet werden. Ein Zirkularitätsproblem ist daher nicht erkennbar.
      Wird ein Unternehmen dagegen wertorientiert finanziert, werden also die Fremdkapitalquoten als bekannt unterstellt, so bietet sich das Rechnen mit WACC - Formeln an. Da die Fremdkapitalquoten bekannt sind, müssen sie nicht berechnet werden. Auch in diesem Fall lässt sich kein Zirkularitätsproblem erkennen.

      Ein gewisses Problem entsteht allenfalls dann, wenn der Unternehmensbewerter den heutigen Fremdkapitalbestand sowie die künftigen Fremdkapitalquoten kennt.Dann haben wir insoweit ein (kleines) Problem als in die WACC - Gleichung weiterhin die Quote eingeht, die durch den Ausdruck ersetzt werden muss.

      Mathematisch handelt es sich hier um eine Situation, in der ein Ausdruck sowohl auf der linken Seite als auch gleichzeitig auf der rechten Seite auftaucht. Es liegt also eine Gleichung mit einer Unbekannten vor. Die Gleichung lässt sich analytisch ohnen nennenswerten Aufwand nach der gesuchten Variablen auflösen. Alternativ könnte man das Problem in EXCEL mit Hilfe einer Zielwertsuche lösen. Welchen Weg man auch wählt, der Rechenaufwand hält sich in sehr engen Grenzen.

    • Zusammenfassung: Die Discounted Cash - flow - Verfahren (DCF - Verfahren) haben in der Vergangenheit zunehmend an Popularität gewonnen. Gerade deshalb finden wir in der Literatur bis heute eine Reihe von Missverständnissen im Zusammenhang mit diesen Verfahren, deren Ausrottung Ziel dieses Aufsatzes war. Wir sind der Überzeugung, dass in der Zukunft die theoretischen Anstrengungen eher auf eine Erweiterung der DCF - Verfahren (wie etwa riskantes Fremdkapital, die Einbeziehung der Einkommensteuer oder andere Finanzierungspolitiken) erfolgen sollte und weniger in der Diskussion bereits geklärter Tatbestände.
    Wolfgang Ballwieser (FB, Heft 11, 2003, S.)

    • Zum Missverständnis 1: Kruschwitz / Löffler meinen, mich in Zusammenhang mit ihrem ersten Missverständnis zitieren zu müssen, weil ich nicht wüsste, dass Unternehmensbewertung eine Annahme über die Finanzierungspolitik erfordere. In meinem Beitrag von 2001 würde ich zunächst jeden Hinweis auf die Bedeutung von Finanzierungsannahmen vermeiden. "Erst bei der Schilderung des WACC - Ansatzes tauchen autonome und wertorientierte Politik auf." Hierzu folgendes:

      (1) Ballwieser 2001 existiert - im Steuerteil völlig verändert - seit Mai 2002 als Ballwieser (2002).

      (2) Mehrfach habe ich in der Vergangenheit auf diffizile Planungen verwiesen, die der Bewerter bezüglich der Kapitalstruktur anstellen müsse, wenn er den WACC - Ansatz verwende; vgl. z.B. Ballwieser in der Festschrift Moxter (1994) oder in der WPg (1998).

      (3) Kruschwitz / Löffler erwarten den Bezug auf die Finanzierung offenbar früher oder umfassender als beim WACC - Ansatz. Es gab Zeiten, da wurden Autoren für falsche Auffassungen kritisiert. Jetzt erfolgt die Kritik bereits bei vermeintlich zu späten Aussagen. Den Sinn sehe ich nicht, zumal das vermeintliche Missverständnis "Unternehmensbewertung kann ohne Annahmen über die Finanzierungspolitik des Unternehmens erfolgen" auf jede andere Politik und die Entwicklung der Unternehmensumwelt erweitert werden kann.

    • Zum Missverständnis 2: Beim zweiten Missverständnis werde ich getadelt, weil ich behaupten würde, WACC und APV führten zu identischen Ergebnissen. Tatsächlich würden den Verfahren aber unterschiedliche Annahmen zugrunde liegen.

      Auch wenn ich die unterschiedlichen Annahmen als Grundlagen der Verfahren gar nicht angreife, erscheint mir die Kritik als falsch. Kruschwitz / Löffler schreiben selbst: "Wir geben gerne zu, dass in der Literatur "Mischformeln" hergeleitet worden sind, die wie WACC - Formeln aussehen und sich dennoch dazu eignen, bei autonomer Finanzierung eingesetzt zu werden, oder wie APV - Formeln aussehen und trotzdem auch bei wertorientierter Finanzierung verwendet werden können (mit Zitat Wallmeier). Aus theoretischer Sicht sind solche Bewertungsgleichungen interessant, praktisch bedeutsam sind sie nicht."

      Ich halte die Formeln von Wallmeier, mit denen ich in Ballwieser (2001) wie (2002) arbeite und deren Resultate nicht angegriffen werden, nicht nur theoretisch für interessant. In praxi rechnen bestimmte Bewerter mit dem WACC - Ansatz, andere mit dem Ertragswertverfahren. Wenn man zeigen kann, dass Wertunterschiede auf Annahmenunterschiede zurückzuführen sind, ist dies eine relevante Information. Wenn man ferner zeigen kann, wie man beispielsweise aus einem (annahmegemäß) ungeliebten WACC - Verfahren zu einem (annahmegemäß) bevorzugten Ertragswertverfahren mit identischem Wert gelangen kann, ist auch das praktisch bedeutsam, selbst wenn Werte nur rekonstruiert werden. Nach meiner Erfahrung ist die Vorliebe für WACC  auf wenige Unternehmen und wenige Spezialisten begrenzt, gilt aber weder für die Mehrzahl der Wirtschaftsprüfer noch der Angehörigen in Controlling-, Rechnungswesen- oder Finanzabteilungen.

      Darüber hinaus kennen Kruschwitz / Löffler offenbar richtige WACC - Formeln und solche, die "wie WACC - Formeln aussehen" (entsprechendes gilt für APV). Ich bezweifle, dass diese Unterscheidung die Diskussion, welche mittlerweile kompliziert genug ist, befruchtet.

      Zuletzt ist die Feststellung von Kruschwitz / Löffler, "zumindest bei ökonomischer Vorgehensweise" resultierten verschiedene Unternehmenswerte nach WACC - und APV - Ansatz, nur dann richtig, wenn der Bewerter in praxi den Planungsaufwand scheut, um beide Verfahren kompatibel zu machen. Ein theoretisches Argument ist dies indes nicht. Theoretisch bleibt von Kruschwitz / Löfflers "Missverständnis 2" nur die Trivialität, dass bei verschiedenen Finanzierungsstrategien unterschiedliche Unternehmenswerte resultieren.

    • Zum Missverständnis 3: Nach dem dritten Missverständnis könnte der WACC - Ausdruck nach Gleichung (3) berechnet werden und obwohl diese "zwar alles andere als falsch" sei, "dürfte es in der Praxis kaum Situationen geben, in denen man so einfach mit ihr arbeiten könnte." Auch erwecke sie "den Eindruck, dass ein konstanter Verschuldungsgrad vorauszusetzen ist, wenn man mit dem Konzept der gewichteten Kapitalkosten arbeiten will. Dieser Eindruck ist falsch."

      Ich werde einerseits zur periodenunabhängigen Gleichung (3) für den WACC zitiert, andererseits werde ich in Fußnote 7 von Kruschwitz / Löffler gerügt, dass ich nur darauf verweisen würde, "dass diese Anpassung (welche denn? W.B.) bei Änderung der Kapitalstruktur 'periodenweise' zu ändern ist. Wie, wird nicht ausgeführt."

      Ich schreibe in Ballwieser (2001) wie (2002) - nur mit unterschiedlichen Seitenzahlen für die Zitate verschiedener Auflagen von Drukarczyks Buch "Unternehmensbewertung" - das Folgende:

      "Schwankt hingegen die Kapitalstruktur, muss man
      • mit periodenabhängigen gewogenen Kapitalkosten rechnen (vgl. Drukarczyk, S. 276) und den Unternehmenswert rekursiv, d.h. vom Ende des Planungshorizonts ausgehend in Richtung auf den Bewertungszeitpunkt fortschreitend gewinnen und
      • die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber in Abhängigkeit von Fremdkapitalbestand (vgl. auch Heizer / Dutschmann, ZfB 1999, S. 1463 ff.) oder Kapitalstruktur (vgl. Wallmeier, ZfB 1999, 1477ff.) periodenweise neu bestimmen.

      Bei Änderungen der Kapitalstruktur wird im Allgemeinen folgende Modigliani - Miller - Anpassung zur Bestimmung eines kapitalstrukturrisikoangepassten Zinsfußes empfohlen (vgl. Modigliani / Miller, American Economic Review 1963 S. 439, Drukarczyk, S. 186):

      Diese Beziehung stammt aber aus einem Rentenmodell und verlangt einen vorgegebenen Fremdkapitalbestand (vgl. Wallmeier, ZfB 1999, S. 1476). Sie ist selbst bei Kenntnis einer deterministischen Entwicklung periodenweise zu ändern (vgl. Inselbag / Kaufhold, Journal of Applied Corporate Finance 1997 S. 118, Wallmeier, ZfB 1999 S. 1476; Langenkämper, S. 131)."

      Ich halte fest:

      (1) Ich zitiere Literatur, in der Anpassungen der Eigenkapitalkosten und das WACC bei Änderung der Kapitalstruktur beschrieben werden. Der Vorwurf, ich würde nicht ausführen, wie die Anpassung vorzunehmen sei, ist falsch.

      (2) Ich habe in meinem Beitrag ein Beispiel mit kapitalstrukturrisikoangepassten Eigenkapitalkosten und entsprechendem WACC. Kann ich die Anpassung zwar rechnen, aber nicht ausführen?

      (3) Ich wüsste nicht, wo ich jemals geschrieben oder gesagt hätte, man könne mit den gewogenen Kapitalkosten einfach arbeiten. Ein Blick in die Festschrift Moxter (1994) zeigt schon meine kritische Sicht gegenüber dem WACC - Ansatz.

      (4) Es fehlt jeder Beleg, was die Gleichung (3) zum WACC einem Leser suggeriert. Dafür wird breit ausgeführt, dass die Suggestion falsch sei.

       
    • Zum Missverständnis 4:  Beim vierten Missverständnis werde ich kritisiert und im gleichen Satz in Schutz genommen. Das obige lange Zitat aus Ballwieser (2002) (vgl. Fußnote 8) macht deutlich, dass ich die Modigliani - Miller - Anpassung für problematisch halte. Das ist - wenn ich es recht sehe - auch die Auffassung von Kruschwitz / Löffler.

    • Zum Missverständnis 5: Dem fünften Missverständnis bin ich erlegen. Alles andere halte ich - in Bezug auf mich - nicht nur für weit hergeholt, sondern auch für falsch, was die obigen Ausführungen verdeutlichen. 
    Ende des Exkurses.



    Verfahren der Nettokapitalisierung (Equity - Ansatz)

    Bei diesem Ansatz wird der Marktwert des Eigenkapitals direkt berechnet. Bewertungsgegenstand ist der unmittelbar dem Unternehmenseigner zufließende Zahlungsstrom. Die Diskontierung der Zahlungsströme erfolgt mit der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber bei Mischfinanzierung. 

    Auch bei dieser Methode stellt sich hauptsächlich die Frage, wie die erörterten unterschiedlichen Finanzierungsstrategien verarbeitet werden können. 

    Im Falle einer wertorientierten Finanzierungspolitik besteht die Notwendigkeit, die Fremdkapitalbestände zur Einhaltung der Zielkapitalstruktur periodisch anzupassen. Dies führt unmittelbar zu Schwierigkeiten bei der Ermittlung bewertungsrelevanter Zahlungsüberschüsse, die definitionsgemäß Kenntnisse über zu leistende Fremdkapital- und Steuerzahlungen voraussetzen. 

    Im Falle einer autonomen Finanzierungsstrategie verschiebt sich dagegen die Kapitalstruktur im Zeitablauf. Damit verändert sich gleichzeitig die Renditeforderung der Unternehmenseigner in Bezug auf das Finanzierungsrisiko. Um diesen Aspekt problemgerecht in den Bewertungskalkül zu integrieren, ist die Kenntnis periodenspezifischer Eigenkapitalkostensätze notwendig. Es entstehen also Zirkularitätsprobleme.

    Im Equity - Ansatz gelingt es nicht, die Zirkularität analytisch über die Vorgabe einer bestimmten Finanzierungsstrategie aufzuheben. Das Zirkularitätsproblem besteht unabhängig von der Finanzierungspolitik. Die im Schrifttum diskutierten Lösungsvorschläge zielen darauf ab, entweder auf Bewertungsvorleistungen anderer Methoden zurückzugreifen oder das Roll back - Verfahren einzusetzen. Wird der Kalkül strikt über die Vorgabe der idealtypischen Finanzierungsstrategie aufgebaut, bietet es sich daher an, direkt eine Bruttorechnung anzuwenden.

    In anderen Worten: Der Equity - Ansatz erlaubt es nicht, strategische Dispositionen im engeren Sinne und reine Finanzdispositionen schon im Kalkül voneinander zu trennen. Der den Unternehmenseignern zufließende Zahlungsstrom (Flow to Equity) bezieht sich spezifisch nur auf eine einzige Kapitalstruktur. Im Rahmen der Planung von Akquisitionen ist es aber erforderlich, unterschiedliche Grenzpreise für unterschiedliche mögliche Kapitalstrukturen zu ermitteln. Viele Unternehmensakquisitionen verfolgen gerade das Ziel, gering verschuldete Unternehmen zu erwerben und sie mit gestiegener Verschuldung weiter zu veräußern. Die damit verbundenen Werteffekte können im Rahmen von Equity - Ansätzen nicht transparent gemacht werden, da sie in der "Flow to Equity" - Größe (FTE) untergehen.


    Vergleich von Brutto - Ansatz (WACC) und Netto - Ansatz

    Man stellt sich spontan die Frage, ob beide Wege zum selben Resultat führen. Um dieser Frage nachzugehen und um auf weitere Probleme bei der Methodenanwendung hinzuweisen, wird exemplarisch von dem denkbar einfachsten Bewertungsfall ausgegangen:

    • Vernachlässigung des Ertragsteuereinflusses
    • Planungsszenario mit Null - Wachstum,
    • gleichbleibender Kapitaleinsatz,
    • konstante Free Cash Flows,
    • gleichbleibende Eigenkapitalrendite,
    • konstante Zinssätze für das Fremdkapital.

    Fremdkapital (FK), Bilanzwert 200


    Eigenkapital (EK), Bilanzwert 200


    Kapitalstruktur FK/EK 1/1


    Nachhaltiger Gewinn vor Zinsen (FCF brutto) 48
    Nachhaltiger Gewinn nach Zinsen (FCF netto) 36


    Geforderte EK - Rendite 12%
    FK - Zinsen 6%


    Durchschnittliche Kapitalkosten (WACC) 9%


    EK - Wert auf Bruttoebene


    Marktwert des Gesamtkapitals 533
    48/0,09
    Marktwert des Fremdkapitals 200
    Marktwert des Eigenkapitals 333


    EK - Wert auf Nettoebene 300
    36/0,12




    Durchschnittliche Kapitalkosten WACC 9,60%
    Marktwert FK/Marktwert EK


    EK - Wert auf Bruttoebene 300
    48/0,096 - 200


    In diesem trivialen Fall wird deutlich, dass es eine Abstimmungsproblematik gibt.  Es ergeben sich mit Netto- und Bruttomethode nur dann übereinstimmende Resultate, wenn im WACC - Ansatz das Eigenkapital zum "Marktwert" bewertet und im folgenden Schritt der angepasste Kapitalkostensatz berechnet wird. 

    Die hier getroffene Annahme eines konstanten gewogenen Kapitalkostensatzes impliziert  aber eine im Zeitablauf ebenso konstante Kapitalstruktur, die sich aus den Marktwerten von Eigen- und Fremdkapital ergibt. Zukünftige Investitionen mit positivem Kapitalwert erhöhen jedoch den Marktwert des Eigenkapitals. Die Aufrechterhaltung einer konstanten Kapitalstruktur erfordert eine kapitalwertabhängige Anpassung des Fremdkapitals.

    Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass Unternehmen ihre Investitions-, Ausschüttungs- und Finanzierungspolitik so gestalten, dass die Konstanz der Kapitalstruktur gewährleistet ist. Ist diese Konstanz nicht sicher, so ist der WACC periodenabhängig zu bestimmen, wobei nichttriviale kapitalstrukturabhängige Anpassungen der Renditeforderung der Eigentümer nötig sind. Unterbleiben diese Anpassungen - was in der praktischen Anwendung häufig der Fall sein dürfte - weicht das Ergebnis der Bruttomethode (WACC) von dem der Nettomethode (Ertragswert) ab. 

    Abschließend sei noch auf ein zentrales theoretisches Argument hingewiesen, das gegen die Anwendung der DCF - Verfahren spricht. KUHNER / MALTRY (Unternehmensbewertung, Heidelberg 2006) liefern eine kritische Würdigung konkurrierender Arbitrageprämissen als Grundlage des DCF - Verfahrens nach persönlichen Steuern:


    Bewertungsverfahren, die wie die DCF - Modelle auf dem Modigliani / Miller - Theorem basieren, beziehen ihre besondere Überzeugungskraft aus Arbitrageüberlegungen: Der Preis für ein am Markt gehandeltes Wertpapier kann sich nur unwesentlich vom Preis eines Duplikationsportefeuilles unterscheiden. Die normative Kraft, die von dieser einfachen Überlegung ausgeht, hat zur Folge, dass Methoden der Arbitragetheorie auch dort für Bewertungszwecke eingesetzt werden, wo die Voraussetzungen für funktionierende Duplikationsgeschäfte nicht gegeben sind. So werden DCF - Verfahren auch zur Bewertung von Unternehmen eingesetzt, deren Eigen- und Fremdkapital nicht an Kapitalmärkten gehandelt werden. Ein weiteres Beispiel für fehlende Anwendungsvoraussetzungen der Arbitragetheorie ist der bereits erwähnte nicht - lineare Verlauf der Fremdkapitalkosten in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad und damit von der Insolvenzwahrscheinlichkeit, der in den theoretischen Herleitungen und praktischen Anwendungen der DCF - Kalküle ignoriert wird.



    Im vorliegenden Fall unterschiedlicher, auf Arbitrageüberlegungen basierender Unternehmenswerte sind allerdings nicht nur wesentliche Prämissen der Arbitragetheorie nicht erfüllt; vielmehr widersprechen auch die Ergebnisse den Kernaussagen der Arbitragetheorie: Zwei parallele, "konkurrierende" Arbitragegleichgewichte sind nämlich mit dem grundlegenden law of one price, dem elementaren Theorem, dass es auf Arbitragemärkten für einen gehandelten Wert immer nur einen Preis geben kann, nicht vereinbar. 


    Die Koexistenz zweier "Gleichgewichte" ist im vorliegenden Fall auf Nicht - Linearität im Steuertarif zurückzuführen, d.h. auf die Tatsache, dass "spiegelbildliche" Transaktionen (z.B. Verschuldung, Geldanlage) nicht identisch besteuert werden. Diese Nicht - Linearitäten sind zugleich prägend für das bestehende System der persönlichen Besteuerung in Deutschland.



    Zu den Rahmenbedingungen und dem theoretischen Fundament der DCF - Verfahren:


    Objektive Unternehmensbewertung

     

    Wert und Preis in der Unternehmensbewertung

     

    Grundlegende Modelle des Rendite - Risiko - Zusammenhangs

     

    Das Modigliani / Miller - Modell in der Unternehmensbewertung

     

    Die Rendite "risikofreier" Anlagen in der Unternehmensbewertung

     

    Der "Marktpreis des Risikos" in der Unternehmensbewertung

     

    Der Beta-Faktor in der Unternehmensbewertung

      

    WACC or APV?

     

    Aktuelles zur Ermittlung des Steuerschildes im Rahmen der marktwertorientierten Unternehmensbewertung


    Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung der Zinsschranke

     

    Hybride Finanzierungspolitiken in der Unternehmensbewertung

     

    Multiplikatorverfahren in der Unternehmensbewertung


     

     






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