Dienstag, 16. März 2010

Grundlegende Modelle des Rendite - Risiko - Zusammenhangs


Modelle des Rendite - Risiko - Zusammenhangs bilden den Ausgangspunkt für das Capital Asset Pricing Model (CAPM), das in den "marktwert" - orientierten Bewertungsmodellen zur Ermittlung so genannter Eigenkapitalkosten (Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber) herangezogen wird. Die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber für das zu bewertende Unternehmen errechnet sich dabei aus der Summe der Rendite "risikofreier" Kapitalanlagen und einem Risikozuschlag, der sich aus der Multiplikation der Marktrisikoprämie mit einem unternehmensspezifischen Beta - Faktor ergibt.

John R. WILLIAMS wurde mit seiner erstmals 1938 publizierten Dissertation  "Theory of Investment Value" bei SCHUMPETER an der Harvard Universität promoviert. Williams hat die Modell - Grundlagen der Unternehmensbewertung wesentlich mitgeprägt.


Williams hat das Fundament bereit gestellt, auf dem der wohl bekannteste Ansatz für einen Rendite - Risiko - Zusammenhang aufgebaut wurde, nämlich die 1952 veröffentlichte "Portfolio Selection" von Harry MARKOWITZ. 1990 wurde MARKOWITZ mit dem Nobelpreis für Ökonomie ausgezeichnet.




Um die Grundüberlegungen der Portfoliotheorie skizzieren zu können, wird im folgenden zunächst von der Prämisse abgesehen, dass eine Möglichkeit zur Aufnahme bzw. zur Anlage von Geldmitteln zu einem risikolosen Zinssatz existiert. Demzufolge kann der - wie in der Portfoliotheorie unterstellt - risikoscheue und rational handelnde Kapitalanleger den ihm zur Verfügung stehenden Mittelbetrag nur in risikobehafteten Wertpapieren investieren. Neben einer Anlage seiner gesamten finanziellen Mittel in ein einziges Wertpapier steht ihm die Option offen, in eine beliebige Kombination aus unterschiedlichen Wertpapieren zu investieren. Diese Möglichkeit, durch Diversifikation in unterschiedliche Kapitalanlageformen das Risiko des Gesamtengagements zu verringern, ist die Grundidee der Portfoliotheorie. MARKOWITZ hat gezeigt, dass Anlageentscheidungen nicht einseitig auf die erwartete Rendite abgestellt werden dürfen, sondern ebenso das Risiko als Ausmaß der Streuung der Wertpapierrenditen um den Erwartungswert berücksichtigt werden muss.

Nach dieser Theorie der Wertpapiermischung wird ein Investor seine finanziellen Mittel in der Form anlegen, dass er bei gegebener erwarteter Rendite die Standardabweichung (Varianz) der Rendite minimieren bzw. bei gegebener Varianz den Erwartungswert maximieren wird. Die erwartete Rendite berechnet sich dabei als die Summe der mit ihrem Anteil am Anlagebetrag gewichteten erwarteten Rendite der einzelnen im Portfolio enthaltenen Wertpapiere.


Das durch die Varianz gemessene Risiko eines Portfolios entspricht im Gegensatz zur erwarteten Rendite jedoch im Allgemeinen nicht der quadrierten gewichteten Summe der Standardabweichungen der erwarteten Renditen der einzelnen Wertpapiere eines Portfolios. Vielmehr ist bei der Bestimmung des Portfoliorisikos neben dem Risiko der einzelnen Wertpapiere auch die durch die Kovarianz zu messende stochastische Abhängigkeit der einzelnen Wertpapiererträge von Bedeutung. Sofern nicht sämtliche Wertpapiere eines Portfolios miteinander vollständig positiv korreliert sind, kann durch die Diversifikation das unternehmensindividuelle (unsystematische) Risiko eliminiert  werden.


Die Risikoprämie für eine Investition wird somit nicht aufgrund eines für diese Investition allein ermittelten Risikomaßes bestimmt, sondern durch stochastische Zusammenhänge mit anderen Investitionen - dem Marktportfolio - bestimmt. Das Risiko des Portfolios entspricht aufgrund dieser stochastischen Abhängigkeiten der Wertpapiererträge im Allgemeinen nicht dem Durchschnittsrisiko aller im Portfolio enthaltenen Wertpapiere, sondern fällt bei einer Korrelation, die betragsmäßig kleiner als eins ist, geringer aus. Hervorzuheben ist, dass das Marktportfolio aus theoretischer Sicht nicht ausschliesslich aus Aktien besteht. Auch andere risikobehaftete Anlagen, wie Anleihen oder Immobilien, sind Bestandteile dieses sehr umfassenden Fonds. Für die Zwecke der praktischen Unternehmensbewertung ist es jedoch notwendig, das Marktportfolio approximativ nachzubilden, wozu beispielsweise ein Aktienindex dienen kann.


Während die Portfoliotheorie als normative Theorie beschreibt, wie sich einzelne rationale Anleger bei Unsicherheit verhalten sollen, wird diese Überlegung beim CAPM als Erklärungsmodell für der Verhalten der Anleger interpretiert. Insofern kann von einer denklogisch unzulässigen "Zueignung" der Portfoliotheorie durch diejenigen, die das CAPM zur Unternehmensbewertung anwenden, gesprochen werden. Im übrigen wurde der auf individuelle Gleichgewichte ausgerichtete Ansatz von MARKOWITZ im Zuge der Entwicklung der modernen Kapitalmarkttheorie auf die Modellierung von partiellen Marktgleichgewichten erweitert.


Nach MARKOWITZ lassen sich sämtliche realisierbaren Portfolios als Kombination ihrer erwarteten Rendite und ihrer Standardabweichung darstellen. In der Portfoliotheorie werden also Rendite- und Risikogesichtspunkte als Entscheidungsgrundlage für die Zusammensetzung von Wertpapierportfolios zusammengeführt. 


Unter der Annahme eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes soll das Optimum für die Portfoliozusammensetzung bestimmt werden. Für einen risikoscheuen und rational handelnden Investor sind hinsichtlich seines Optimierungskalküls jedoch nicht alle, sondern nur die effizienten Portfolios von Bedeutung und zu einer Effizienzlinie zusammengefasst. Ein Portfolio ist genau dann effizient, wenn kein anderes realisierbares Portfolio existiert, das bei mindestens einem gleich hohen erwarteten Ertrag gleichzeitig eine geringere Standardabweichung oder maximal die gleiche Standardabweichung bei einem höheren Ertrag aufweist. In einem zweiten Schritt ist dann der Berührungspunkt von Effizienzlinie und Nutzenfunktion des Investors zu ermitteln. In diesem Punkt befindet sich das optimale Portfolio für diesen Investor. 

Dieses Optimierungsverfahren benötigt als wesentliche Eingangsparameter Prognosen zu den Renditeerwartungen der beteiligten Anlage - Klassen. Da sich das Portfolio - Risiko ebenfalls aus der zukünftigen Entwicklung des Marktes ergibt, werden als weitere Eingabeparameter zusätzlich Schätzungen über die zukünftigen Volatilitäten und Kovarianzen der Anlage - Klassen benötigt. Liegen diese Daten vor, lässt sich mit dem Markowitz - Verfahren die Portfoliostruktur ermitteln, die unter den angegebenen Annahmen über die zukünftige Marktentwicklung zur maximalen Rendite führt. Damit liefert das Markowitz - Verfahren zwar in der Theorie schöne Ergebnisse; der praktische Einsatz ist jedoch äußerst problematisch, da es unmöglich ist, exakte Aussagen über zukünftige Renditen und Volatilitäten abzugeben. Außerdem ist zu beachten, dass dieses Verfahren extrem empfindlich auf Änderungen der Eingabeparameter reagiert. Einige Autoren bezeichnen das Markowitz - Verfahren sogar als "Schätzfehlermaximierung". 

Zu den grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich des Optimierungskriteriums vgl. HERING, Thomas: Unternehmensbewertung, 2. Auflage, München 2006, S. 176-179. Dort wird auch ausgeführt,

dass der Ansatz der Portfolioauswahl ein statisches Totalmodell darstellt, das weder den für Unternehmensbewertungen geltenden Anforderungen der Mehrperiodigkeit noch der Dezentralisierbarkeit genügt. Die hohe Zahl einzubeziehender Investitionsobjekte (und Kovarianzen) läßt es im allgemeinen nicht zu, das finanzielle Entscheidungsfeld des Bewertungssubjekts in einem zentralen Optimierungsmodell zutreffend abzubilden. Überdies dürfte es unzulässig sein, die Vielzahl der meist aus Vergangenheitsdaten geschätzten Renditeerwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen für einen längeren Planungszeitraum zu extrapolieren oder auch nur für die nahe Zukunft annähernd konstant zu betrachten. 


Die zweite Theorie, die sich die Anwender des CAPM zu Eigen gemacht  haben, ist die Tobin - Separation. TOBIN vereinfacht das von MARKOWITZ aufgezeigte Optimierungsproblem, indem er die zusätzliche Annahme trifft, dass ein einheitlicher risikoloser Zinssatz existiert, zu dem unbeschränkt Kredit aufgenommen und Geld angelegt werden kann. Durch diese Möglichkeit kann ein Anleger ein Mischportfolio aus riskanter und risikoloser Anlage zusammenstellen. Dadurch ist das risikobehaftete Portfolio nicht von der Risikoneigung des Investors abhängig, da für jeden Anleger nur noch ein seiner Risikoneigung entsprechendes und in diesem Sinne optimales Wertpapierportfolio existiert. 


Da die Kapitalmarkttheorie von homogenen Erwartungen aller Investoren und einem Kapitalmarktgleichgewicht ausgeht, halten alle Investoren in ihrem Mischportfolio Anteile des gleichen risikobehafteten Wertpapierportfolios, das im Gleichgewicht eine für alle Anleger optimale Kombination der risikobehafteten Wertpapiere darstellt. Da dieses Portfolio alle am Markt gehandelten riskanten Wertpapiere enthält, wird es als Marktportfolio bezeichnet. Das Marktportfolio kann aufgrund der Tobin - Separation ohne Kenntnis der individuellen Risikoeinstellung der Investoren ermittelt werden. Die Risikoeinstellung der Kapitalanleger drückst sich nur darin aus, wie die einzelnen Investoren ihre finanziellen Mittel auf die risikolose Anlage und das Marktportfolio aufteilen. Die Effizienzgerade, auf der sich alle effizienten Kombinationen aus risikoloser Anlagemöglichkeit und risikobehaftetem Marktportfolio befinden, wird als Kapitalmarktlinie bezeichnet. 


Die zentralen Schwächen des Ansatzes von MARKOWITZ haben zur Entwicklung des BLACK / LITTERMAN - Modells geführt. Die grundlegende Idee dieses Ansatzes besteht darin, neben der subjektiven Renditeerwartungen der Investoren die Überrenditen nach einem Gleichgewichtsmodell wie dem CAPM als weitere Eingangsgröße bei der Optimierung von Portfolios zu nutzen. Die Verknüpfung zweier Informationsquellen - der vom Investor erwarteten Überrenditen und der Überrenditen eines Gleichgewichtsmodells - zielt darauf ab, ein Optimierungsmodell zu konstruieren, das zu stabileren und intuitiv verständlicheren Lösungen führt als der klassiche Mean / Varianz - Ansatz nach MARKOWITZ.
 

Die Prämissen der Portfoliotheorie in einer Übersicht


  • Investoren treffen ihre Anlageentscheidung anhand erwarteter Renditen und deren Standardabweichung (Varianz). Durch diese Annahme werden quadratische Risikonutzenfunktionen oder eine Normalverteilung der Renditen unterstellt. Alle Investoren haben homogene Erwartungen über die zukünftigen Rernditen, Varianzen und Kovarianzen der Renditen.

  • Kapitalanleger sind risikoavers (konkave Nutzenfunktion) und streben nach Nutzenmaximierung. Das heißt, Investoren verhalten sich in bestimmten Fällen wie nach dem Bernoulli - Prinzip. Ihr Ziel ist es, den Erwartungswert des Risikonutzens des Endvermögens zu maximieren.

  • Es gibt einen risikolosen Zinssatz, zu dem alle Investoren unbeschränkt Kapital anlegen und aufnehmen können.

  • Es handelt sich um eine einperiodige Betrachtung; der Planungszeitraum erstreckt sich über eine Periode.

  • Kapitalanleger sind rational.

  • Der Kapitalmarkt ist vollkommen. Das bedeutet: Informationen stehen den Anlegern kostenlos zu Verfügung, der Kapitalmarkt ist informationseffizient. Steuern und Transaktionskosten können vernachlässigt werden. Zudem agieren Investoren als Mengenanpasser, die keinen Einfluss auf den Preis haben; es herrscht atomistische Konkurrenz. Alle Investitions- und Finanzierungsvorhaben werden auf dem Markt gehandelt. Die Menge der Wertpapiere ist gegeben; sie sind beliebig teilbar. Allen Investoren stehen die gleichen Investitionsmöglichkeiten offen.

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