Wir leben in einer Wissensökonomie. In ihr sind es die immateriellen Güter, die für den Wert eines Unternehmens maßgebend sind. Qualitative Merkmale werden durch den Kapitalwertkalkül, auf den sich die am häufigsten benutzten Methoden der Unternehmenswertermittlung stützen, jedoch nicht erfasst.
Noch schwerer wiegt, dass der Kapitalwertkalkül mit den zunehmenden Unvollkommenheiten der Kapitalmärkte nicht mehr Schritt halten kann. Wie kann dieser Mangel überwunden werden? Mit dieser Frage hat man sich im deutschen Wissenschaftsraum bereits in den 1970er Jahren ernsthaft auseinandergesetzt.
Rüdiger BRETZKE hat sich in seiner Schrift Das Prognoseproblem bei der Unternehmensbewertung (Düsseldorf 1975) auch mit dem Capital - Budgeting - Modell auseinandergesetzt, das eine Unternehmensbewertung o h n e Kalkulationszinsfuß erlaubt.
2009 wurde eine Studie zur Finanzierung immaterieller Vermögenswerte von Ian Ellis / Athena Alliance veröffentlicht:
Im Kapitel Monetization and Valuation werden folgende Methoden zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte als allgemein akzeptiert genannt:
- Methode der vergleichbaren Transaktionen,
- Bewertung durch Reproduktionskosten (Substanzwert),
- Ertragswert - Methode.
Interessant ist die Unterscheidung zwischen expliziten Werten (objektiviert) und impliziten Werten (subjektiv).
Aktuell haben BISSINGER / DORNAUER / SCHNEEMANN einen ausführlichen Aufsatz
Intangible Assets - Bewertung von immateriellen Vermögensgegenständen
veröffentlicht, in welchem sie sich mit der Frage nach der Bewertung von Kundenstämmen beschäftigen. Sie weisen darauf hin, dass Kundenbeziehungen unter bestimmten Voraussetzungen als immaterielles Gut deklariert und in der Bilanz ausgewiesen werden können:
Bewertung von immateriellen Vermögensgegenständen
Bei der eigentlichen Bewertung ist zu beachten, dass sich der Wert eines Vermögensgegenstandes aus dem Nutzen ableitet, den der Eigentümer durch diesen erhält. Dieser Nutzen lässt sich mit drei verschiedenen Methoden messen. Zum Einen kann das Einkommen gemessen werden, welches das zu bewertende Objekt zukünftig generieren wird. Zum Anderen können Marktpreise für dieses oder vergleichbare Objekte als Messgröße herangezogen werden oder es können die Kosten bestimmt werden, die zur Erlangung / Herstellung eines vergleichbaren Objektes aufzubringen sind. Die IFRS (wie auch US-GAAP) gehen bei der Bewertung vom Fair-Value-Prinzip aus. Dabei wird der Fair Value als "der Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern unter marktüblichen Bedingungen ein Vermögenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden könnte" definiert. Der Stichtagsbezug nimmt hier eine Schlüsselrolle ein. So ist der Fair Value auf die aktuelle Marktlage sowie die Umstände zum Bewertungsstichtag zu beziehen und soll vergangene oder zukünftige Zeitpunkte nicht widerspiegeln. Die Bestimmung des Fair Value an einem bestimmten Zeitpunkt kann zur Folge haben, dass Betrachtungen zu einem anderen Zeitpunkt, aufgrund von Verschiebungen an den Kapitalmärkten, als unangemessen oder falsch erscheinen.
Es kann bei der Bewertung in Folge dessen zwischen drei verschiedenen Ansätzen unterschieden werden:
- Market Approach (auch "marktpreisorientiertes Verfahren" genannt)
- Income Approach (auch "barwertorientiertes Verfahren" genannt)
- Cost Approach (auch "kostenorientiertes Verfahren" genannt)
Diese Reihenfolge wird von den IFRS vorgegeben. Der Fair Value, also der Preis, der zwischen unabhängigen, vertragswilligen und informierten Marktteilnehmern zustande kommt, stellt den höchsten Grad der Objektivierung dar und basiert somit vornehmlich auf Marktpreisen (Market Approach). Sollte kein aktiver Markt vorhanden sein, stellt der Income Approach den nächstbesten objektiven Ansatz dar, da er ebenfalls auf zukünftige Erfolgswerte abzielt. Der Reproduktions- oder Wiederbeschaffungskostenansatz (Cost Approach) bleibt somit als am wenigsten objektiver Ansatz.
BISSINGER / DORNAUER / SCHNEEMANN stellen in ihrem Aufsatz zwei Fallbeispiele dar, die der praxisnahen Veranschaulichung der zuvor erläuterten Konzepte dienen sollen.
(Bissinger, Dornauer, Schneemann: Intangible Assets - Bewertung von immateriellen Vermögensgegenständen, in: CORPORATE FINANCE biz 4/2010, S. 240-256).
s. auch:
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