Mittwoch, 5. Mai 2010

Unternehmensbewertung in der Literatur Mitte des 20. Jahrhunderts


1966 veröffentlichte Siegfried VON WAHL seine bemerkenswerte Schrift "Die Bewertung von Bergwerks - Unternehmungen auf der Grundlage der Investitionsrechnung. In dem Kapitel "Die Unternehmensbewertung in der Literatur. Zur Bewertung ganzer Unternehmungen in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre" gibt er einen kurzgefassten Überblick über drei Werke, die für das Verständnis der investitionstheoretisch fundierten Unternehmensbewertung wichtig sind:

Zur Unternehmensbewertung sind gerade in neuester Zeit im betriebswirtschaftlichen Schrifttum zahlreiche Veröffentlichungen erschienen. Hier werden nur drei Werke besprochen, die der modernen Lehre von der Bewertung ganzer Unternehmungen das Gesicht gegeben haben.

Busse von Colbe hat mit seinem Buch "Der Zukunftserfolg" die Unternehmensbewertung auf eine neue Grundlage gestellt. Indem er sich zum Teil auf Schneider stützt, überträgt er die Erkenntnisse der Wirtschaftlichkeits- und Investitionsrechnung auf die Unternehmensbewertung. Zweckmäßigerweise rechnet man auch bei der Bewertung ganzer Unternehmungen mit Einnahmen und Ausgaben statt wie bis dahin mit Erträgen und Aufwendungen. So wird der Wert auf seine eigentlichen Ursachen, nämlich auf die Zahlungsströme zwischen der Unternehmung und der Außenwelt, zurückgeführt. Auch die Aufwands- und Ertragsrechnung ist möglich, aber nur mit weitgehenden Einschränkungen. Im übrigen beurteilt Busse von Colbe alle mit der Unternehmensbewertung zusammenhängenden Fragen, wie die Berücksichtigung von Preis- und Geldwertschwankungen, die Abgrenzung von neutralen Ausgaben und Einnahmen, das Risiko, die Berücksichtigung der Gewinnsteuern u.a.m., aus dem Blickwinkel der Investitionsrechnung.

Busse von Colbe und andere Autoren vor ihm haben im Zukunftserfolgswert den einzig richtigen Wert der Unternehmung gesehen. Sieben untersucht, ob nicht auch der Substanzwert bestimmte Funktionen bei der Unternehmensbewertung erfüllen kann. Er kommt jedoch zu einem negativen Ergebnis: Weder als Ersatz- und Vergleichsgröße für den Zukunftserfolgswert noch als Grenzwert oder Grenzpreis der Unternehmung, noch als Maßstab für die Konkurrenzgefahr, noch für andere ihm bisher zugedachten Aufgaben kann man den traditionellen Substanzwert brauchen.

"Das Ergebnis ist radikaler als das aller bisherigen Untersuchungen. Es besagt, daß keine der genannten Funktionen des Substanzwertes für sich allein eine Ermittlung dieser Wertgröße rechtfertigt, zumal sämtliche Aufgaben ... mit Hilfe der reinen Erfolgsbewertung zuverlässiger erfüllt werden können."

Im Rahmen eines Versuchs zu einer betriebswirtschaftlichen Bewertungslehre hat Engels neue Vorstellungen über die Unternehmensbewertung entwickelt. Seine Fassung des Wertbegriffs, den wir vorher erläutert haben, zeigt ein anderes Wertdenken und muß auch zu anspruchsvolleren Verfahren der Unternehmensbewertung führen. Die Eindeutigkeit, mit der Busse von Colbe zukünftige Einnahmen und Ausgaben der Bewertungsrechnung zugrunde legt, weicht jetzt dem differenzierten Entscheidungskalkül. So wird die Unsicherheit der Zukunftserwartungen in die Planung einbezogen. Von vielen Planungsalternativen, die zur Verfügung stehen, soll die beste gesucht werden, sie bestimmt den Wert der Unternehmung.

Betrachtet man die Fortschritte der Unternehmensbewertung in der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und vergleicht sie mit dem Stand der Bewertung ganzer Bergwerke, insbesondere in der deutschsprachigen Literatur, so ist ein unverhältnismäßig großer Rückstand der Bergwerksbewertung festzustellen. Es wird daher im folgenden darum gehen, die Wege aufzuzeigen, die die Bewertung von Bergwerksunternehmungen an den fortgeschrittenen Wissensstand in der allgemeinen Unternehmensbewertung heranführen können.

(Siegfried von Wahl: Die Bewertung von Bergwerksunternehmungen auf der Grundlage der Investitionsrechnung, Beiträge zur betriebswirtschaftlichen Forschung, Band 25, Köln und Opladen 1966, S. 13-15)









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen