Laut dem am 25. März 2010 in Brüssel gefassten Beschluss der Staaten der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion erhält der griechische Staat von den anderen Euro - Staaten während eines Dreijahreszeitraums jährlich 30 Mrd. € und 15 Mrd. € vom Internationalen Währungsfonds (IWF), falls es ihm nicht mehr möglich ist, seinen Finanzbedarf an den internationalen Finanzmärkten zu akzeptablen Zinsen zu decken. Die Euro - Staaten hoben hervor, dass die Kreditvergabe zu marktüblichen Zinsen erfolgen würde. Auf den ersten Blick erscheint dies unsinnig, denn zu marktüblichen Zinsen hätte sich Griechenland weiterhin an den Finanzmärkten refinanzieren können.
Anschließend stiegen die Renditen griechischer Anleihen sowohl am "kurzen Ende" der Laufzeiten wie auch am "langen Ende" auf deutlich über 7 % p.a., wobei die Zinstruktur invers geworden ist. Am 9. April 2010 betrug die Rendite zehnjähriger griechischer Staatsanleihen in der Spitze 7,52 % p.a., so dass im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen (3,09 % p.a.) ein Risikoaufschlag von 443 Basispunkten zu bezahlen gewesen wäre. Dieser Markt - Zins kann als untere Grenze der Konzessionsbereitschaft internationaler Geldgeber gegenüber einem auf sich allein gestellten griechischen Staat interpretiert werden.
Mithilfe dieser "Markt - Information" konnten sich die EU - Staaten die Frage beantworten, auf welches Niveau sich die Markt - Zinsen für die Neuaufnahme griechischer Staatschulden durch eine "implizite Kapitaldiensgarantie" der Euro - Staaten bei realistischer Betrachtung senken lassen und ob dies ein Zinsniveau wäre, das Griechenland voraussichtlich auf Dauer verkraftet. Man entschied sich für 5 % p.a.
Diese Zinsentscheidung für Kredite an Griechenland war richtig. Jetzt beträgt die Rendite 10-jähriger griechischer Staatsanleihen rund 7 % p.a., kurzfristige Mittel konnte Griechenland am 13.04.2010 zu 4,55 % p.a. (6 Monate) bzw. zu 4,85 % p.a. (12 Monate) erhalten. Am Geldmarkt sind dies zwar immer noch außerordentlich hohe Renditen, aber die Zinsentwicklung ist ein Achtungserfolg für Griechenland.
Die "implizite Garantie" der Euro - Staaten hat sich also positiv auf den Schuldner Griechenland ausgewirkt.
Interessanter ist die Frage, welche Auswirkungen diese "implizite Garantie" auf die Verschuldungsmöglichkeiten der Garanten haben kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland innerhalb der nächsten 10 Jahre seinen Staatshaushalt ausgleicht, liegt wohl nahe bei Null. Ebenso niedrig ist die Wahrscheinlichkeit, dass die griechischen Staatschulden von gegenwärtig rund 300 Milliarden Euro in diesem Zeitraum reduziert werden können. Also wird Griechenland zum Zeitpunkt der Fälligkeit der EU-Kredite (Laufzeit: 3 Jahre) wiederum auf die internationalen Finanzmärkte angewiesen sein. Die Annahme, dass dieses Risiko die Rendite der von den übrigen Euro - Staaten begebenen Anleihen steigen lassen wird, ist realitätsnah. Im Ergebnis ist innerhalb der euorpäischen Wirtschafts- und Währungsunion mit einer Konvergenz der Renditen staatlicher Anleihen zu rechnen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Griechenland möglicherweise nicht der einzige Euro - Staat bleiben wird, der auf eine "implizite Garantie" angewiesen ist.
Ende November / Anfang Dezember 2008 befürchteten Finanzinvestoren bei "Dubai World" erhebliche Zahlungsstockungen bzw. sogar Forderungsausfälle. Die aus den Großprojekten erwarteten Zahlungsströme reichten nicht aus, um die dafür aufgenommenen Schulden zu bedienen. Dubai ist zudem ein Stadt - Staat mit limitierten ökonomischen Ressourcen / Kapazitäten. Aber: Dubai ist Teil der "Vereinigten Arabischen Emirate" (VAE) die über hohe Einnahmen aus der Förderung von Erdöl verfügen. Finanzinvestoren konnten vor diesem Hintergrund erwarten, dass die VAE für die Schulden Dubais eintreten werden; sie verließen sich auf eine "implizite Garantie" der VAE. Tatsächlich hatte Ende Februar 2009 die Zentralbank der VAE Dubai mit insgesamt 10 Milliarden Dollar unterstützt. Weitere Hilfsmaßnahmen für Dubai folgten.
Diese und andere Beispiele deuten darauf hin, dass an den globalen Finanzmärkten ein signifikanter Anteil der Ausleihungen auf "impliziten Garantien" basiert. Dazu zählen auch die Schuldverschreibungen internationaler Banken, die im Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit des Finanzsystems "to big to fail" sind. Die Gläubiger dieser Bankanleihen dürfen bislang darauf vertrauen, dass die jeweiligen Staaten ihre systemrelevanten Banken "heraushauen".
Aber was geschieht an den globalen Finanzmärkten, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Erwartungen hinsichtlich "impliziter Garantien" enttäuscht werden könnten, weil die Belastungen für die zumeist staatlichen Garanten zu hoch werden? Anders gefragt: Hätte es eine Kettenreaktion gegeben und wie hätte sie ausgesehen, falls die Euro - Staaten das Vertrauen der Griechenland - Gläubiger auf ihre Funktion als "implizite Garanten" enttäuscht hätten.
Würde dieses Risiko zu größeren Verwerfungen an den globalen Finanzmärkten führen als in einer Welt ohne "implizite Garantien" ?
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