Freitag, 4. September 2009

Systemische Unternehmensbewertung, Teil 2


Wenn sich beispielsweise herausstellt, daß qualitative Informationen nahezu die gleiche Bedeutung wie quantitative Informationen für die Käufer haben, die bisher vorgelegten Bewertungskalküle der Unternehmensbewertungslehre dagegen rein quantitativen Charakters sind und keinerlei Integrations- "Vorschriften" für qualitative Informationen enthalten, dann belegt dies schlagend, wie weit sich die Unternehmensbewertungslehre (auch heute noch!) von der Praxis entfernt bewegt.
Mit diesen Worten beschreibt Wolf F. FISCHER - WINKELMANN (Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, Juli / August 2009, S. 355) Ergebnisse einer bereits im Jahre 1996 veröffentlichten Studie, in der 800 Unternehmensverkäufe und - käufe deutscher Unternehmen erfasst wurden (Beck: Unternehmensbewertung bei Akquisitionen, Wiesbaden 1996).

In seiner Abhandlung beschreibt FISCHER - WINKELMANN ein weiteres Problemfeld, das bei einem "Blick in die Praxis" sichtbar wird:

Wie beliebig sich IDW e.V. S 1 zur camouflage benutzen lassen, demonstrieren viele Gutachten aus dem Kreise der BIG FIVE: Es fehlt die laut IDW e.V. S 1 unabdingbare Plausibilitätsprüfung der Unternehmensplanung, beginnend mit der Darlegung des Gesamtplanes und der diesem zugrundeliegenden Teilbereichspläne, Erläuterungen der Planerstellung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht sowie der von den Unternehmen ergriffenen Maßnahmen zwecks Koordinierung der Teilbereichspläne, eine Darstellung der dem planenden Unternehmen zugrundeliegenden Prämissen und Daten sowie Angabe ihrer Quelle und deren kritische Einschätzung sowie die Erläuterung der Maßnahmen, die zwecks Begrenzung der Unsicherheitsproblematik ergriffen wurden und deren kritische Einschätzung sowie eine fundierte Darlegung der Prämissen und Daten, die die Bewerter ihren Planungsrechnungen zugrunde gelegt haben mit Angaben der Quellen usw. ... (Fischer - Winkelmann: ebda, S. 358).
Daraus können verschiedene Folgerungen gezogen werden:


  • Qualitative Informationen müssen explizit in den Bewertungskalkül einfliessen. Dies führt zu der Frage nach den Methoden zur Messung immaterieller Werte. Dabei ist das Prinzip der Bewertungseinheit zu wahren.

  • Es sind qualitaitve Planungsmethoden sowie Instrumente der Problemstrukturierung und Entscheidungsunterstütung einzusetzen.


  • Eine Unternehmensbewertung muss auf einer plausiblen Planung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz mit den entsprechenden Teilplänen (GuVs der strategischen Geschäftseinheiten, Detailplanung des Personalaufwands, Investitionsplanung, Kapitalflussrechnung mit Finanzierungsplanung usw.) basieren.

  • Bei seiner Plausibilitätsprüfung der Unternehmensplanung hat der Bewerter Methoden zu wählen, die geeignet sind, die Planungs - Unsicherheit möglichst gut einzugrenzen. Diesem Zweck kann ein System zur Steuerung der Kategorie "Erfolgspotenzial" dienen, das von der operativen Steuerung des Unternehmens unabhängig ist.

  • Ausserdem hat der Bewerter sich ein Bild davon zu machen, wie das zu bewertende Unternehmen seine Teilpläne koordiniert.

  • Bei der Betrachtung der Koordination von Teilplänen sind vielfältige Rückkopplungen zu berücksichtigen, die den Charakter des zu bewertenden Unternehmens als komplexes techno- / sozioökonomisches System zutage treten lassen.









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