Sonntag, 13. September 2009

Tulpenfieber


Bei der Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Finanzmärkten und Gesamtwirtschaft stellt sich - nicht erst in Zeiten einer Finanzmarktkrise - die Frage nach Markteffizienz oder spekulativen Blasen. Bereits im Jahre 1637 gab es eine Spekulationsblase: Tulpenzwiebeln wurden maßlos teuer. Nachdem ihr Preis um 3000 % angestiegen war, brach er plötzlich drastisch zusammen. In einem der zuverlässigsten Berichte über die Episode des Tulpenfiebers schrieb Charles MacKay:

Die Nachfrage nach Tulpen einer seltenen Art stieg im Jahr 1636 so stark an, dass an den Börsen von Amsterdam, Rotterdam, Harlem, Leyden, Alkmar, Hoorn und anderen Städten feste Auktionsräume für ihren Handel eingerichtet wurden. Erstmals machten sich nun die Anzeichen eines Glücksspiels bemerkbar. Die Spekulanten, die immer nach neuen Gelgenheiten Ausschau hielten, handelten große Volumina von Tulpenzwiebeln und brachten all ihre altbewährten Mittel zum Einsatz, um Preisschwankungen hervorzurufen. Wie bei jedem Wettfieber war das Vertrauen zunächst groß und jeder gewann. Die Tulpen - Spekulanten setzten auf den Anstieg und Fall der Tulpen - Aktien und machten große Gewinne, indem sie bei fallenden Preisen kauften und verkauften, wenn die Preise stiegen. Viele Personen wurden plötzlich reich. ...
Adlige, Bürger, Bauern, Mechaniker, Seeleute, Diener, Dienstmädchen, sogar Kaminkehrer und Lumpensammler versuchten sich an Tulpen. Menschen jeden Standes setzten ihr Eigentum in Bargeld um und investierten in Blumen. Häuser und Grundstücke wurden zu ruinös niedrigen Preisen angeboten oder für Gewinne bei der Tulpen - Auktion in Zahlung gegeben. Ausländer wurden von dem selben Wahn befallen, und von allen Seiten floss Geld nach Holland. Die Preise für lebensnotwendige Güter stiegen allmählich wieder und mit ihnen der Wert von Häusern und Grundstücken, Pferden und Kutschen, sowie von Luxusgütern aller Art; für einige Monate schien Holland das wahre Vorzimmer von Plutus zu sein (Plutus war in der griechischen Antike der Gott des Vermögens.)


(Zitiert aus Burda / Wyplosz: Makroökonomie, eine europäische Perspektive, 2. Auflage, München 2003, S. 591)

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