Freitag, 30. Juli 2010

"Marktwertorientierte" Bewertung


Bei der Unternehmensbewertung sind Wert und Preis des zu bewertenden Unternehmens strikt auseinander zu halten.



Allgemein formuliert:

Als Wert lassen sich die möglichen Einigungsbedingungen zwischen dem präsumtiven Käufer und dem potenziellen Verkäufer des zu bewertenden Unternehmens bezeichnen, die zum erreichbaren Nutzen ohne Einigung führen.

Der Preis ist in diesem Zusammenhang die tatsächliche Einigungsbedingung zwischen Käufer und Verkäufer. Er bildet die Realität ab und ist objektiv, weil er für beide Konfliktparteien gilt.



Der von den finanzierungstheoretisch fundierten Bewertungsverfahren gesuchte "intrinsische" Wert eines Unternehmens im Sinne eines "Marktwerts" hat mit dem Begriffsinhalt des Preises nichts zu tun. Es ist geradezu paradox, dass in diesen Bewertungsansätzen ein Marktgeschehen für Unternehmen als Ganzes simuliert wird, in welchem Wert und Preis durch Arbitrageprozesse in Übereinstimmung gebracht werden. Wären Wert und Preis eines Unternehmens tatsächlich identisch, gäbe es weder für den präsumtiven Käufer noch für den potenziellen Verkäufer eines Unternehmens irgendeinen Anreiz dafür, ein Unternehmen zu kaufen bzw. zu verkaufen. Diese alte Erkenntnis der Motivation für jedes Marktgeschehen geht bei den neoklassisch inspirierten Bewertungsmethoden verloren. Selbst jede Aktienkursbildung basiert auf der aus Sicht des Käufers bzw. Verkäufers bestehenden Differenz zwischen Preis und Wert.



Das idealisierte Gleichgewichtsmodell der marktwertorientierten Unternehmensbewertung ist von der funktionalen Unternehmensbewertung, die ein Entscheidungsmodell ist, abzugrenzen. Thomas HERING schreibt in diesem Zusammenhang:


Gleichgewichtsmodelle verfolgen einen anderen Zweck als Entscheidungsmodelle: Aussagen über ein Marktergebnis im Kapitalmarktgleichgewicht erfordern strenge, idealisierende Annahmen, die für eine reale Entscheidungssituation, in der es auf die individuell gegebenen Verhältnisse des Bewertungssubjekts ankommt, im allgemeinen nicht zutreffen. Über die Größe und Tolerierbarkeit des mit dem Einsatz von Gleichgewichtsmodellen als Entscheidungsmodelle begangenen Fehlers hat der gleichgewichtsorientierte Modellvereinfacher Rechenschaft abzulegen.

...

Das ureigene Anwendungsgebiet der kapitalmarkttheoretischen Unternehmensbewertung ist die Bereitstellung von Argumentationswerten. Dies wird zumindest so lange der Fall sein, bis der z.T. künstlich erzeugte Neuigkeitswert der DCF - Verfahren der Ernüchterung zu weichen beginnt und auch die meisten Verhandlungspartner erkennen, daß eine mit statistischen Tabellenkalkulationsdaten gefütterte Bewertungsformel mit ihrem rechnerisch fingierten objektiven "Marktwert" vor dem komplexen Problem der Unternehmensbewertung kapitulieren muß.




(Hering, Thomas: Unternehmensbewertung, 2. Auflage, München 2006, S. 240-242)


Die marktwertorientierten Verfahren der Unternehmensbewertung sind schlecht fundiert; sie kombinieren kurzerhand finanzierungstheoretische Modelle (Modigliani/Miller - Modell und CAPM) miteinander, deren Prämissenkataloge in einigen Punkten unvereinbar sind:



MODIGLIANI/MILLER-Modell
CAPM




Erkenntnisobjekt Unternehmen als Ganzes
eine Anteilseinheit




Betrachtetes


Unternehmensrisiko finanzwirtschaftlich
leistungswirtschaftlich




Präferenzfreiheit ja
nein




Planungshorizont unendlich
eine Periode




Den allgemeinen Hintergrund der marktwertorientierten Bewertung hellen Manfred Jürgen MATSCHKE und Gerrit BRÖSEL weiter auf:


Diese jüngere objektive Bewertungskonzeption negiert - anders als die ältere objektive Lehre - den Unterschied zwischen Wert und Preis. Obwohl zumeist übersehen, geht es im eigentlichen Sinne bei der marktwertorientierten Bewertung nicht um die Feststellung des Wertes eines Unternehmens als Ganzes, sondern um die Feststellung des Marktwertes der Handelsobjekte auf einem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt bei Vollständigkeit des Wettbewerbs, auf dem die subjektiven Werte der Marktteilnehmer mit dem resultierenden objektiven Preis übereinstimmen. Bei einem börsenmäßig organisierten Kapitalmarkt sind die Handelsobjekte grundsätzlich einzelne in Wertpapieren verbriefte Anteile am Eigen- oder Fremdkapital eines börsengängigen Unternehmens. Der Marktwert des Unternehmens wird daher als Summe aus den Marktwerten der Handelsobjekte hergeleitet. Begrifflicher Ausgangspunkt bei der marktorientierten Bewertung ist also der Wertbegriff im Sinne von Tauschwert. Der Marktwert des Eigenkapitals einer börsennotierten Aktiengesellschaft entspricht ihrem Börsenkurswert, der sich als Produkt aus Aktienanzahl und Aktienkurs ergibt.


Auf dem von den Vertretern der marktorientierten Bewertung unterstellten Markt gilt, daß homogene (gleichartige) Güter zur gleichen Zeit (d.h. auf dem selben Markt) zum gleichen Preis gehandelt werden. Der Kenntnisstand aller Marktteilnehmer ist gleich; die Schlußfolgerungen aus Informationen stimmen überein. Der einzelne Marktteilnehmer hat auf diesem Markt keine Marktmacht. Sein Handeln vermag den Preis nicht zu beeinflussen; der Preis ist für ihn ein Datum, mithin nicht gestaltbar. Wert und Preis stimmen unter diesen idealen Marktbedingungen theoretisch überein. Diese Gleichgewichtstheorie basiert auf ARROW und DEBREU und ermöglicht unsichere Zahlungsströme zu bewerten, "daß für alle Marktteilnehmer unabhängig von ihrer individuellen Risikoneigung derselbe Entscheidungswert resultiert, der aus Arbitragegründen auch zum Marktpreis werden muß." Als Voraussetzung dafür müssen auf diesem Markt die restriktiven und stark idealisierten Bedingungen für eine arbitragefreie Bewertung, nämlich Vollkommenheit und Vollständigkeit des Marktes sowie Vollständigkeit des Wettbewerbs, gelten:


  1. Vollkommenheit des Marktes liegt vor, wenn alle Marktteilnehmer Kenntnis über die finanziellen Rückflüsse (Zahlungsströme) sämtlicher am Markt gehandelter Wertpapiere besitzen und diese Rückflüsse der Höhe wie der zeitlichen Struktur nach für alle Marktteilnehmer gleich sind. Alle Marktteilnehmer können jeden Zahlungsstrom (verkörpert durch die gehandelten Wertpapiere) in unbegrenztem Umfang ohne Transaktionskosten zum gleichen Preis kaufen oder verkaufen.

  2. Vollständigkeit des Marktes bedeutet, daß mit den gehandelten Wertpapieren (Zahlungsströme) durch Linearkombinationen alle möglichen Umweltzustände abgebildet werden können, so daß ein beliebiger zu bewertender Zahlungsstrom (Wertpapier) dann auf dem Markt durch die gehandelten Wertpapiere nachgebildet werden kann. Die gehandelten Wertpapiere spannen also den gesamten Umweltzustandsraum auf (sog. "Spanning - Eigenschaft").

  3. Vollständigkeit des Wettbewerbs stellt darauf ab, daß kein Marktteilnehmer Marktmacht besitzt und deshalb die Marktpreise gehandelter Wertpapiere nicht beeinflussen kann. Vielmehr agieren alle als Mengenanpasser, denn neue Zahlungsströme ändern nicht die am Markt herrschenden Preise (sog. "Competitivity - Eigenschaft"). 
Unter diesen wirklichkeitsfremden Prämissen läßt sich jeder beliebige Zahlungsstrom mit dem (ARROW - DEBREU -)Preis P* des zu seiner Nachbildung erforderlichen, aus am Markt gehandelten Wertpapieren (Zahlungsströmen) zusammengesetzten, Portefeuilles bewerten. Kein Käufer würde schließlich mehr als diesen Preis P*, den "Vollreproduktionswert" des Zahlungsstroms, zahlen, weil er für P* am Markt einen mit dem Bewertungsobjekt identischen Zahlungsstrom generieren kann. Schließlich würde sich auch kein Verkäufer mit weniger als dem "Liquidationserlös" P* zufriedengeben, weil die gesamten Rückflüsse des Bewertungsobjekts an diesem Markt zu P* absetzbar sind. Der "Vollreproduktionswert" P* wäre zugleich der Grenzpreis des Käufers und der "Liquidationswert" P* der Grenzpreis des Verkäufers. Beide stimmen in dieser (Schein-)Welt überein, so daß auch der resultierende Preis (=Marktpreis) nur deren Höhe P* annehmen kann, denn es gibt hier keinen Verhandlungsspielraum.

(Matschke, Manfred Jürgen / Brösel, Gerrit: Unternehmensbewertung, 2. Auflage, Wiesbaden 2006, S. 25-27).

Marktorientierte Bewertungsverfahren haben ihren Ursprung in den USA. Die dort stark ausgeprägte Verbreitung der marktwertorientierten Bewertungsmodelle lässt sich auf die  entsprechend große Bedeutung der Kapitalmärkte zurückführen. Dagegen ist der deutsche Kapitalmarkt stark in Marktsegmente zergliedert und auf regionale Börsenplätze verteilt. Außerdem weist der deutsche Kapitalmarkt einen vergleichsweise geringen Anteil an Streubesitz auf; hier gibt es starke Verflechtungen innerhalb der Industrie bzw. mit den Banken. Darüber hinaus gibt es einen hohen Anteil an Familienbesitz.  Diese Friktionen schränken die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes erheblich ein. Angesichts dessen ist es fraglich, ob die von den Befürwortern der marktwertorientierten Unternehmensbewertung angestrebte "Objektivität" durch Marktorientierung erreicht wird.

Im Übrigen hängt der Nutzen eines Unternehmensanteils nicht nur von seinen "objektiven" Eigenschaften ab, sondern vor allem von der subjektiven Nutzeneinschätzung des präsumtiven Käufers. Karl KÄFER hat sich bereits 1969 grundsätzlich zu diesem Thema geäußert:


Wirtschaftlicher Wert ist nicht eine gewissen Dingen oder Vorgängen innewohnende Eigenschaft, sondern eine Beziehung von Menschen zu solchen nutzbringenden Gütern und Leistungen.


Insofern können sich die Preise von Person zu Person unterscheiden, die der Einzelne bereit wäre, für einen Unternehmensanteil zu bezahlen. Im deutschen Schrifttum wird allgemein anerkannt, dass der Unternehmenswert von dem subjektiven Nutzen abhängt, den das Bewertungsobjekt (= zu bewertendes Unternehmen) stiftet. Der Wert eines Unternehmens hängt also davon ab, welchen Nutzen, d.h. welchen Beitrag zur Erreichung angestrebter Ziele, es für seine Eigentümer erbringen kann. Der Unternehmenswert ist deshalb von deren individuellen Zielsystemen abhängig; er variiert mit einem Wechsel von Person, Situation und Informationsstand. Neben dem Zielsystem, aus dem hervorgeht, was der Entscheidungsträger anstrebt, ist für die Bewertung ein Präferenzsystem notwendig, mit dem der Bewerter das Erstrebte beurteilt. 


Dagegen soll VON HAYEK bei der Präsentation der Theorie, wonach der Unternehmenswert durch Diskontierung von Zahlungsströmen ermittelt wird, bemerkt haben, er sei immer davon ausgegangen, diese Aufgabe der Bewertung von Unternehmen übernehme der Kapitalmarkt. In der Unternehmensbewertung steht man aber vor dem Problem, dass man meistens gerade den Wert von Unternehmen bestimmen soll, deren Eigentumsanteile nicht am Kapitalmarkt gehandelt werden. Gemäß der marktwertorientierten Bewertung dient jedoch auch in diesen Fällen der Kapitalmarkt als Ausgangspunkt der Bewertung, wenn versucht wird, die Bewertung, die an einem effizienten, gleichgewichtigen Kapitalmarkt stattfinden würde, in einer idealisierten Welt nachzubilden. Diese idealisierte Welt ist insbesondere durch die oben genannten Prämissenkataloge des CAPM sowie des MODIGLIANI / MILLER - Modells vergegenständlicht. 

Die Güte einer marktwertorientierten Bewertung bemisst sich danach, wie nahe diese idealisierte Welt der realen Welt der Märkte kommt. Es spricht vieles dafür, dass das ideale Gleichgewichtsmodell der marktwertorientierten Bewertung nicht im Entferntesten dazu in der Lage ist, reale Kapitalmärkte abzubilden. Zur Verdeutlichung dienen folgende Charakterisierungen realer Märkte durch Benoit B. MANDELBROT und Richard L. HUDSON:


  1. Märkte sind riskant

    Auf Finanzmärkten sind extreme Kursumschwünge die Regel und keine Abweichungen, die man ignorieren kann. Preisbewegungen folgen nicht der manierlichen Glockenkurve, wie die moderne Finanztheorie annimmt, sondern sind an einer wilden Kurve ausgerichtet, die den Weg eines Anlegers viel holpriger macht. Eine vernünftige Handelsstrategie oder Portfoliozusammenstellung müßte diese kalte, harte Tatsache in ihre Grundlagen einbauen.
    ...

  2. Störungen treten in Serien auf

    Marktturbulenzen bilden tendenziell Cluster. Für einen erfahrenen Händler ist das keine Überraschung. In den Handelsräumen überall auf der Welt sind die ersten 15 Handelsminuten jeden Morgen von entscheidender Bedeutung. Es ist der Moment, in dem erfahrene Händler, starr auf ihre Bildschirme blickend, dem Markt die Temperatur fühlen. Sie wissen, wenn ein Markt kabbelig öffnet, kann es leicht so weitergehen. Sie wissen, daß auf einen wilden Dienstag ein noch wilderer Mittwoch folgen kann. Und außerdem wissen sie, daß gerade in diesen wilden Augenblicken  - den seltenen, aber immer wieder auftretenden Krisen der Finanzwelt - die größten Vermögen der Wall Street gemacht oder verloren werden. Sie brauchen keinen Wirtschaftswissenschaftler, der ihnen all das erzählt. Doch ihre Intuition, die im Standardmodell der vollkommenen Märkte nicht enthalten ist, wird vom multifraktalen Modell vollkommen bestätigt.

  3. Märkte haben Charakter

    Kurse werden nicht allein durch Ereignisse der realen Welt, Nachrichten und Menschen in Gang gehalten. Wenn Anleger, Spekulanten, Industrielle und Banker auf einem realen Markt aufeinandertreffen, erwächst daraus eine spezielle, neue Art der Dynamik - größer und anders als die Summe der Teile. Bei Ökonomen heißt das so: Zu einem wesentlichen Teil werden Kurse durch endogene Effekte bestimmt, die den inneren Mechanismen des Marktes selbst zu eigen sind, und nicht allein durch das exogene Wirken äußerer Ereignisse. Zudem ist dieser innere Marktmechanismus bemerkenswert dauerhaft. Kriege beginnen, der Frieden kehrt zurück, Volkswirtschaften wachsen, Firmen scheitern - all das kommt und geht und beeinflußt die Kurse. Doch der grundlegende Prozeß, durch den Kurse auf Nachrichten reagieren, bleibt unverändert. Ein Mathematiker würde sagen, Marktprozesse sind "stationär". Dies widerspricht einigen Möchtegern - Reformern des Zufallspfad - Modells, die die Art, in der Volatiliät geballt auftritt, mit der Behauptung erklären, der Markt würde sich irgendwie ändern und die Volatilität deswegen variieren, weil der Mechansimus der Kursbildung sich ändert. Das ist falsch. Ein schlagendes Beispiel: Meine Analyse der Baumwollpreise während des vergangenen Jahrhunderts zeigt für die letzte Jahrhundertwende, als die Preise nicht reguliert waren, das gleiche breite Muster der Preisvariabilität wie in den dreißiger Jahren, als sie im Rahmen des New Deal reguliert waren.


  4. Märkte führen in die Irre

    Muster sind das Narrengold der Finanzmärkte. Die Macht des Zufalls reicht aus, scheinbare Muster und Pseudozyklen hervorzubringen, die für alle Welt vorhersagbar und diskontierbar erscheinen. Ein Finanzmarkt ist jedoch besonders anfällig für statistische Trugbilder dieser Art. Meine mathematischen Modelle können Tabellen erzeugen, die allein durch das Wirken von Zufallsprozessen scheinbare Trends und Zyklen zeigen. Sie würden jeden professionellen "Chartisten" an der Nase herumführen. Ebenso sind Blasen und Abstürze Bestandteil der Märkte. Sie stellen die unvermeidliche Folge des menschlichen Bedürfnisses dar, in der Regellosigkeit Muster zu finden.

  5. Die Marktzeit ist relativ

    Auf den Finanzmärkten existiert so etwas wie eine Relativität der Zeit. Ich stellte mir schon früh, doch vor allem während der Entwicklung des multifraktalen Modells vor, daß Märkte in einer eigenen "Handelszeit" funktionieren, die sich recht deutlich von der linearen "Uhrzeit" unterscheidet, in der wir normalerweise denken. Diese Handelszeit läßt die Uhr in Zeiten hoher Volatilität schneller laufen; in stabilen Perioden bremst sie sie ab.
    ...


    (Mandelbrot, Benoit B. / Hudson, Richard L.: Fraktale und Finanzen. Märkte zwischen Risiko, Rendite und Ruin. München Zürich 2007, S. 47-52)
 
 
Zarathustra ist wahrhaftiger als sonst ein Denker. Seine Lehre und sie allein hat die Wahrhaftigkeit als oberste Tugend - das heißt den Gegensatz zur Feigheit des "Idealisten", der vor der Realität die Flucht ergreift.

(Friedrich Nietzsche: Ecce Homo)



















Donnerstag, 29. Juli 2010

The Naked ECB


Howard Davies:

LONDON – The crisis in the eurozone remains far from resolution. Investor worries are now concentrated on the health of European banks, many of which have large exposures to Greece and the other southern European countries with severe fiscal problems.

Europe’s leaders have so far applied only plaster to the wounds. A stabilization fund has been established, but on a temporary basis. New arrangements for monitoring member states’ budget balances have been introduced, but they can do nothing about the stock of debt outstanding. And the European Central Bank has begun to buy government bonds, including those of Greece, at prices well above those that would prevail in a free market.



Copyright: Project Syndicate 2010




Creating the Next Crisis



Simon Johnson:

WASHINGTON, DC -- Informed opinion is sharply divided about how the next 12 months will play out for the global economy. Those focused on emerging markets are emphasizing accelerating growth, with some forecasts projecting a 5% increase in world output. Others, concerned about problems in Europe and the United States, remain more pessimistic, with growth projections closer to 4% – and some are even inclined to see a possible “double dip” recession.



Simon Johnson, a former chief economist of the IMF, is co-founder of a leading economics blog, http://BaselineScenario.com, a professor at MIT Sloan, and a senior fellow at the Peterson Institute for International Economics.


This is an interesting debate, but it misses the bigger picture. In response to the crisis of 2007-2009, governments in most industrialized countries put in place some of the most generous bailouts ever seen for large financial institutions. Of course, it is not politically correct to call them bailouts – the preferred language of policymakers is “liquidity support” or “systemic protection.” But it amounts to essentially the same thing: when the chips were down, the most powerful governments in the world (on paper, at least) deferred again and again to the needs and wishes of people who had lent money to big banks.



Copyright: Project Syndicate 2010




Kredithürde weiter abwärts gerichtet

 

Ergebnisse des ifo Konjunkturtests im Juli 2010

 

Die Kredithürde für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands setzt im Juli ihre Abwärtstendenz fort und sinkt den siebten Monat in Folge. Aktuell klagen 31,6% der befragten Unternehmen über eine restriktive Kreditvergabe durch die Banken. Im Vormonat waren es noch 34,0%. Vor genau einem Jahr – im Juli 2009 – erreichte die Kredithürde ihren bisherigen Hochpunkt in der Wirtschafts- und Finanzkrise mit 45,1%. Innerhalb eines Jahres ist sie somit um 13,5 Prozentpunkte gefallen. Die konjunkturelle Erholung in Deutschland wird von der Kreditpolitik der Banken momentan kaum gebremst. 

Die Kredithürde ist im Juli – wie bereits im vergangenen Monat – über alle betrachteten Wirtschaftsbereiche hinweg gesunken, im verarbeitenden Gewerbe, im Bauhauptgewerbe und im Handel. Im verarbeitenden Gewerbe nahmen die Klagen über eine zurückhaltende Kreditvergabepraxis der Banken in allen Unternehmensgrößenklassen ab. Die Kredithürde sinkt für die großen Industriefirmen um 2,8 Prozentpunkte auf 36,7% und für die mittelgroßen Unternehmen um 2,9 Prozentpunkte auf 30,0%. Am stärksten nimmt sie für die kleinen Firmen ab. Bei ihnen fällt sie um 5,2 Prozentpunkte auf aktuell 30,5%. 

Im Bauhauptgewerbe bewerten 38,2% der Befragungsteilnehmer den Kreditzugang als schwierig. Das sind 2,1 Prozentpunkte weniger als im Juni. Bei den Handelsunternehmen hat die Kredithürde um 1,5 Prozentpunkte auf 28,5% nachgegeben. 


Hans-Werner Sinn
Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München






Publikationen zur Kreditvergabe:

Kunkel, André, "Kreditklemme: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?", ifo Schnelldienst 63 (09), 2010, 32-36 ( Abstract )

Abberger, Klaus, Christa Hainz und André Kunkel, "Kreditvergabepolitik der Banken: Warum leiden große Unternehmen besonders?", ifo Schnelldienst 63 (14), 2009, 32-34 ( Pressemitteilung / Download )

Kunkel, André und Klaus Abberger, "Unternehmen berichten über restriktivere Kreditvergabe der Banken", ifo Schnelldienst 62 (07), 2009, 30-32 ( Abstract )

Abberger, Klaus und Kunkel, André, "Unternehmen leiden kaum unter Finanzierungsschwierigkeiten durch die Finanzmarktkrise", ifo Schnelldienst 61 (09), 2008, 29-31 ( Abstract / Download


(Quelle: ifo Institut)













Die "nackte" EZB



Howard Davies:

LONDON – Die Krise in der Eurozone ist nach wie vor ungelöst. Die Besorgnis der Investoren richtet sich nun vor allem auf die Gesundheit der europäischen Banken, von denen viele Großkredite an Griechenland und andere südeuropäische Länder mit ernsthaften Haushaltsproblemen vergeben haben.



Howard Davies, Direktor der London School of Economics


Bisher haben Europas Politiker die Wunden nur oberflächlich verarztet. Ein Stabilitätsfonds wurde eingerichtet, allerdings nur vorübergehend. Neue Regelungen zur Überwachung der Haushaltsbilanzen von Mitgliedsländern sind eingeführt worden, doch können sie nichts gegen die angelaufenen ausstehenden Schulden ausrichten. Zudem hat die Europäische Zentralbank damit begonnen, Staatsanleihen – darunter auch griechische – zu Preisen zu kaufen, die deutlich höher liegen als die, die sich auf dem freien Markt durchsetzen würden.



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Aus dem Englischen von Anke Püttmann









Dienstag, 27. Juli 2010

Mit CFDs auf sinkende Börsenkurse setzen





Am 19. Mai 2010 hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) ein Verbot von ungedeckten Leerverkäufen ausgesprochen:

  • Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Schuldtiteln von Mitgliedsstaaten der EU, deren gesetzliche Währung der Euro ist.
  • Verbot der Begründung oder des rechtsgeschäftlichen Eintritts in ein Kreditderivat.
  • Verbot ungedeckter Leerverkäufe in bestimmten Aktien.


Einzelheiten sind in Dirk Elsners bewährtem Blick Log zu finden.



Dieses Verbot von ungedeckten Leerverkäufen (Short - Selling) bezieht sich nicht auf die Eröffnung von entsprechenden Shortpositionen auf CFDs.



Was sind CFDs?



"Contract for Difference" (CFD) bezeichnet Derivate. Dieses Finanzinstrument bildet die Differenz zwischen dem Kurs des Basiswerts zum Kaufzeitpunkt des Kontrakts und dem aktuellen Kurs des Basiswerts im Verhältnis 1:1 ab. 



Wie funktionieren CFDs?



Beispiel:



Öffnen der Position

Erwartung: fallender DAX

Leerverkauf: 10 CFDs bei einem DAX-Stand von  6.204,10

Datum: 27. Juli 2010

Wert: 10 x 6.204,10 € = 62.041 €

Eingesetztes Kapital: Sicherheitseinlage (Margin) 1 % vom Wert, also 620,41 €.

Kosten pro Transaktion: Abhängig vom Broker / Handelsplatz; häufig = 0.




Schließen der Position

Kauf: 10 CFDs bei einem DAX - Stand von  6.213,14 €.

Datum: 27. Juli 2010

Wert: 10 x 6.213,14 € = 62.131,40 €.

Verlust: 62.041 € - 62.131,40 € = - 90,4 €

Verlust in %: 14,6




CFD - Handel bei Brokern



CFDs werden zumeist bei Brokern gehandelt. Zu diesem Zweck müssen börsentermingeschäftsfähige Interessenten zunächst ein Konto bei einem Broker eröffnen. Dieser Broker gewährleistet die fortlaufende Handelbarkeit von CFDs, indem er zu jeder Zeit An- und Verkaufspreise für die von ihm angebotenen CFDs stellt. 



Broker - Liste



CFD - Handel an der Börse München


Im Juni 2010 feierte das CFD - Segment der Bayerischen Börse seinen ersten Geburtstag. Bei CONTREX profitieren Trader von der Handelsüberwachung der Börse München. Deren Mitarbeiter beobachten vor allem die Preisstellung der Produkte, die bei Brokern - over the counter (OTC) - weitgehend unreguliert gehandelt werden. 


Zu den beliebtesten Basiswerten gehören die bekannten Indizes, allen voran der DAX.



CFD - Strategien


CFDs sind grundsätzlich bei allen börsennotierten Basiswerten (Aktien, Anleihen, Indizes, Rohstoffe) möglich. Das Angebot richtet sich vor allem an sehr kurzfristig orientierte Anleger; etwa 90 % der Trader lassen ihre Positionen nicht "über Nacht" geöffnet. 


Trader, die ihre Position länger stehen lassen möchten, müssen nicht nur die Margin, sondern die gesamte Position abzüglich der als Einschusszahlung hinterlegten Margin finanzieren. Die Kreditzinsen, die ab der ersten Nacht der Haltedauer anfallen, setzen sich aus dem Referenzzinssatz - meist EURIBOR oder EONIA - und einem individuellen "Zinsanpassungsfaktor" des jeweiligen Anbieters zusammen.


Bei allen handelbaren Baiswerten ist es dem Trader möglich, auf eine steigende oder fallende Börsenkursentwicklung zu setzen. 


CFDs können bei der Kapitalanlage auf der Short - Seite als Absicherungsmechanismus eingesetzt werden. Wer mit seinem Aktienportfolio aus dem DAX auf langfristig steigende Kurse setzt, kann kurzfristige DAX - Einbrüche mit CFDs ausgleichen.
Selbstverständlich gibt es darüber hinaus Möglichkeiten, komplexere Strategien umzusetzen. Für den Trader gibt es ein breit aufgefächertes Angebot an Ordertypen und Hilfsmitteln.


Gewinne unterliegen seit 1. Januar 2009, wie andere private Veräußerungsgeschäfte auch, der Abgeltungssteuer. 


Zum Problem der Preisstellung bei CFDs


Ein bezüglich der Preisstellung korrekter Handel ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal bei CFDs. Anbieter bzw. Broker von CFDs erwirtschaften ihre Gewinne durch eine individuelle Spanne zwischen Geld- und Briefkurs (Spread). Im Grunde kann dieser Spread willkürlich gewählt werden. Anleger sind also von der Fairness des Kontrahenten abhängig. 


Bei dieser Preisstellung werden zwei grundsätzliche Schwächen des CFDs - Handels deutlich: Auf der einen Seite können den Investoren höhere Kosten durch schlechtere Ausführung ihrer Aufträge entstehen, auf der anderen Seite kann durch eine individuelle Anpassung des Spreads eine zu kleine Trading - Range beim Basiswert des CFDs entstehen. Dadurch handeln Anleger vor allem im Daytrading wenig profitabel.


Auch vor diesem Hintergrund ist ein allgemeiner Handelsplatz für CFDs, wie CONTREX, sehr nützlich:


Die Börse München garantiert das Best - Price - Prinzip


CONTREX ermöglicht es Anlegern, mit der Dokumentation aller Geschäfte durch die Mitarbeiter der Handelsüberwachungsstelle auch einige Zeit nach Aufgabe und Durchführung einer Order, den Kurs zu überprüfen und entsprechend nachzuvollziehen. Bei Unstimmigkeiten ist die neutrale Instanz erster Ansprechpartner und sorgt für Klärung, falls einmal Unklarheiten über den Preis eines CFD besteht. 


Dieser Preis ist beispielsweise bei DAX - Titeln eng an den XETRA - Kurs angelehnt. Das Gleiche gilt für den Spread, der bei den CFDs genauso hoch ausfällt wie bei der Aktie auf XETRA. Liegt die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs bei einem Cent, beträgt also auch der Spread beim CFD genau einen Cent. Angelehnt an die Kurse auf XETRA garantiert die Bayerische Börse das so genannte "Best - Price - Prinzip". Trader zahlen für einen CFD auf eine Aktie keinesfalls mehr, als sie beim Kauf des Basispapiers aufbringen müssten. Versteckte Kosten fallen dabei nicht an, da die Gebührenbelastung bereits im Spread "eingepreist" ist.


Risiken


CFDs sind risikoreich. Anleger können mehr Geld verlieren, als sie ursprünglich eingesetzt haben, wenn ihre Wette misslingt, sie aber ihre Position offen halten möchten. In diesem Fall müssen sie Geld nachschiessen.


Da CFD - Broker kaum durch Einlagensicherungsfonds abgesichert sind und der CFD - Anleger keine physischen Werte (Aktien, Anleihen, Rohstoffe) erwirbt, besteht permanent ein Risiko des Totalverlustes durch Insolvenz des Brokers. 



Zeitliche Entwicklung der CFDs


In Großbritannien gibt es bereits seit Mitte der 1970er Jahre so genannte "Financial Spread Bettings", die zunächst auf den Goldpreis, etwas später auch auf Aktienkurse abgeschlossen werden konnten. CFDs wurden in den 1980er Jahren - als Absicherungsinstrumente - für institutionelle Anleger eingeführt. Seit einigen Jahren sind CFDs aber auch bei britischen Privatanlegern beliebt, da sich damit die britische "stamp duty" umgehen lässt. 


In Deutschland erlangten CFDs wurden CFDs erst ab etwa 2005 einem breiteren Publikum bekannt. Der hiesige Markt steckt jedoch in den Kinderschuhen.


In den USA sind CFDs verboten, weil sie dort als illegale Finanzwette betrachtet werden.




















Auf in die nächste Krise


Simon Johnson:

WASHINGTON, D. C. – Die Meinungen der Fachwelt darüber, wie sich die nächsten 12 Monate für die Weltwirtschaft entwickeln werden, gehen weit auseinander. Diejenigen, die sich auf die aufstrebenden Märkte konzentrieren, betonen das an Fahrt gewinnende Wachstum, wobei einige Prognosen von einer Steigerung der weltweiten Produktion um 5 % ausgehen. Andere, die sich mit den Problemen in Europa und den Vereinigten Staaten befassen, bleiben pessimistischer und prognostizieren eher ein Wachstum von etwa 4 % – und manche neigen sogar dazu, eine mögliche „W-förmige Rezession“ (double dip) mit einem zweiten Konjunkturrückgang vorherzusehen.

Es ist eine interessante Debatte, aber sie lässt den Blick fürs Ganze vermissen. Als Reaktion auf die Krise von 2007-2009 schnürten die Regierungen der meisten Industrieländer die zum Teil großzügigsten Rettungspakete, mit denen Finanzinstitute je ausgestattet wurden. Selbstverständlich ist es nicht politisch korrekt, von Rettungspaketen zu sprechen – die bevorzugte Wortwahl der politischen Entscheidungsträger lautet „Liquiditätshilfe“. Doch läuft dies im Grunde auf das Gleiche hinaus: Als es hart auf hart kam, beugten sich die mächtigsten Regierungen der Welt (zumindest auf dem Papier) immer wieder den Forderungen und Wünschen derer, die großen Banken Geld geliehen hatten.



Copyright: Project Syndicate 2010
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Aus dem Englischen von Anke Püttmann




Montag, 26. Juli 2010

Praktiker kritisieren das Multiplikatorverfahren der Unternehmensbewertung

 

Multiplikatorverfahren zur relativen Bewertung
am Kapitalmarkt haben in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ihr Grundprinzip, das auf dem "Law of one Price" beruht, ist allerdings alt. SCHMALENBACH hat bereits 1949 in seinem Werk "Beteiligungsfinanzierung" dieses Prinzip ausführlich als "Leistungseinheitswertmethode" beschrieben. Im Multiplikatorverfahren wird der Marktwert eines Unternehmens aus den Marktpreisen vergleichbarer Unternehmen gewonnen. Damit folgt es einer Systematik, die sich von den zahlungsstromorientierten Verfahren auf den ersten Blick grundsätzlich unterscheidet. Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch: Die Verwendung eines Multiplikators bedeutet nicht, dass jemand bereit ist, einen Preis für eine Gewinn- oder Umsatzgröße zu bezahlen. Der Multiplikator ist vielmehr eine Hilfsgröße für die Schätzung des Barwerts künftiger Einzahlungsüberschüsse.

Ein Multiplikator besteht aus einer Stromgröße (Gewinn, Cash Flow, Umsatz etc.) oder Bestandsgröße (z.B. Buchwert des Eigenkapitals) sowie einer Wertgröße (Börsenkurs, Transaktionspreis).

Im Controler Magazin Heft 4 Juli / August 2010 ist ein bemerkenswert kritischer Artikel zur Anwendung des Multiplikatorverfahrens in der Unternehmensbewertung erschienen:


Zusammenfassung der Vor- und Nachteile


Bei mangelnder Vergleichbarkeit in Bezug auf diese und andere Kriterien ist eine Multiplikatorenbewertung nicht sinnvoll. Damit ist die Gruppe von vergleichbaren Unternehmen („peer group“) von vornherein stark eingeschränkt und möglicherweise nicht mehr repräsentativ. Lockert man dagegen die Vergleichskriterien, wird der Ermessensspielraum für den Bewerter immer größer. In der Praxis werden daher oft mehrere peer groups gebildet: Ausgehend von den am besten vergleichbaren Gesellschaften werden schrittweise weitere Unternehmen, die dem „Anforderungsprofil“ nicht mehr so gut entsprechen, in die Vergleichsgruppe mit aufgenommen.

Damit kann man den Einfluss unterschiedlicher Vergleichsgruppen auf den Unternehmenswert deutlich machen. Andererseits verkomplizieren solche notwendigen Anpassungen der Multiplikatoren das Verfahren und relativieren dadurch den großen Vorteil dieser Methode, nämlich die einfache, schnelle und auch bei schlechtem Informationsstand durchführbare Bewertung. Ein gravierender Nachteil ist die fehlende Bereinigung von externen Effekten. Die Entwicklung sowohl der Marktmultiplikatoren (die in erster Linie einer relativen, nicht einer absoluten Bewertung dienen) als auch der Transaktionsmultiplikatoren folgt konjunkturellen Stimmungen.


Nachteil Multiplikatorenmethode
Abb.5: Der relativ einfachen Anwendung der Multiplikatorenmethode steht eine große Anuahl von Nachteilen gegenüber

Die Spekulationsblase der New Economy um die Jahrtausendwende lieferte das beste Beispiel dafür. Die individuellen Strategien unterschiedlicher Investoren können nicht berücksichtigt werden, vielmehr werden Referenztransaktionen übertragen. Damit kann die Multiplikatorenbewertung keinen exakten Wert, sondern allenfalls einen Anhaltspunkt bzw. eine Bandbreite von Werten liefern. Ihr Einsatzgebiet im Kontext der wertorientierten Unternehmensführung beschränkt sich daher auf die Plausibilisierung von bereits durch DCF-Verfahren ermittelten Unternehmenswerten.  


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Die überschätzte Kennzahl

 

Bereinigung von Sondereinflüssen im Multiplikatorverfahren der Unternehmensbewertung

 

Anwendungen des Multiplikatorverfahrens in der Unternehmensbewertung

 

 

 

 

Into the Abyss



Aswath Damodaran on "What if nothing is risk free?":

Every discipline develops its own dogma and finance is no exception; we make assumptions about how markets are structured and investor behavior that underlie much of our theory. Those within the discipline either take these fundamental assumptions as given or are reluctant to question them. Over the last few months, I have been working on a new book titled "What if?", where I am looking at how financial theory and practice would change, if the bedrock assumptions of finance were violated or no longer true. I just finished my first installment, where I look at how investment practice and corporate finance would change if there is nothing that is guaranteed or risk free. You can get the paper here.

In an earlier post, I examined the mechanics of how best to estimate the risk free rate when there is no default free entity. Through most of that post, I focused on emerging markets, where governments are often prone to default, but left untouched the basic presumption that developed market governments like the United States, UK and Germany are default free. But that presumption has been put to the test by the banking crisis of 2008 and the Greek default drama of 2010.

I start by looking at how the presence of a risk free investment changes the way in which we construct portfolios and make corporate finance decisions. In particular, the presence of a risk free investment allows for separation between risk preferences and portfolio composition. Thus, two investors with different degrees of risk aversion can end up holding the same portfolio of risky assets and adjust for risk, by altering the proportions of their wealth that they put into the risk free asset. In corporate finance, the presence of a risk free investment can alter investment, financing and dividend policy.

So, what makes for a risk free investment? The issuing entity has to have no default risk, which restricts us to government securities, because governments alone have the power to print currency. The catch, though, is that governments sometimes default. While the explanation for default is simple, when governments borrow in foreign currencies, it is more complex when governments borrow in their own currency. The trade off that leads to domestic currency default - the debasement of the currency that comes with printing more currency versus the pain of default - has resulted in governments defaulting on local currency borrowings. If the probability of such default exists, even if slight, government bond rates are no longer risk free.

The most common and widely used measures of government default are sovereign ratings from S&P, Moody's and Fitch. While ratings and default rates are highly correlated over time, suggesting that ratings agencies do a good job, on average, there is also evidence that ratings changes are lagging indicators. An alternative measure of sovereign default risk comes from the Credit Default Swap (CDS) market, where investors can buy or sell insurance against default by governments. CDS prices tend to update faster than sovereign ratings, but come with more volatility.


The absence of a risk free investment can have significant effects on both portfolio management and corporate finance. When investors lack a safe haven, they will  become more risk averse and charge higher prices for risk. Higher prices for risk will translate into lower prices for all risky investments; we should expect to see stock prices and corporate bond prices decline. When firms have no risk free investments, lenders to these firms will be more wary about lending to them (leading to lower debt ratios) and investors may be less inclined to allow companies to accumulate cash (since that cash will be invested in risky assets).

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The False Promise of Crisis-Resolution Funds



Stefano Micossi:

ROME – Ever since financial markets began to stabilize late last year, the idea of making the financial sector pay for the costs incurred by taxpayers to keep it afloat has gained increasing support among policymakers and the wider public. France and the United Kingdom have introduced a temporary tax on financial-sector bonuses, and the United States government has proposed legislation envisaging a “financial crisis responsibility fee” to recover the costs of America’s Troubled Asset Relief Program. There is also a discussion about how best to reform taxation of the financial sector, which is on average lighter relative to other corporate income and unduly favors borrowing over equity financing.

But a lump-sum charge to recover past costs will not change the financial sector’s incentives concerning excessive risk-taking. Furthermore, it is unclear what, precisely, the costs are that are to be recovered.



Copyright: Project Syndicate 2010




Venture Capital Panel 1. Quartal 2010



35 führende Venture Finanzierer nahmen am VC Panel des 1. Quartals 2010 teil. Zusammenfassung der Ergebnisse:

Investments

  • Die Anzahl der Beteiligungen stieg von 86 (1. Quartal 2009) auf 122.
  • Das investierte Kapital nahme von 62 Mio. € im 1. Quartal 2009 auf 106 Mio. € zu.
  • 69 Folgeinvestments standen 53 Erstinvestments gegenüber (1. Quartal 2009: 54 / 32).
  • Von 35 Panel Teilnehmern haben 23 investiert = 65,7 % (34 / 19 = 55,5 %).
  • 42 Unternehmen erhielten erstmals Venture Capital (A - Runden - Investments), im Vorjahresquartal waren es lediglich 27.

Sektoren 1. Quartal 2010


  • Biotechnologie 24,0 Mio. €
  • Software: 22,0 Mio. €
  • Medizintechnik: 16,6 Mio. €

Sektoren 1. Quartal 2009


  • Software 12,6 Mio. €
  • Biotechnologie: 8,4 Mio. €
  • Cleantech: 7,4 Mio. €

Regionen


  • Bayern: 27 % der Investments (1. Quartal 2009: 27 %)
  • NRW: 20 % (13 %)
  • Berlin: 8 % (12 %)
  • Ausland: 11 % (9 %)

Exits 1. Quartal 2010


25, davon 12 Abscheibungen, 7 Trade Sales und 4 IPOs.



Exits 1. Quartal 2009


20, davon 12 Abschreibungen, 7 Trade Sales und 0 IPOs.





(Quelle: Fleischhauer, Hoyer & Partner)



Das falsche Versprechen der Krisenfonds



Stefano Micossi:

ROM: Seit sich Ende des Jahres die Finanzmärkte zu stabilisieren begannen, hat die Idee, den Finanzsektor für die den Steuerzahlern bei der Rettung des Sektors entstandenen Kosten zur Kasse zu bitten, in Politik und breiter Öffentlichkeit zunehmend an Unterstützung gewonnen. Frankreich und Großbritannien haben eine zeitlich beschränkte Steuer auf Bonuszahlungen im Finanzsektor eingeführt, und die US-Regierung hat ein Gesetz vorgeschlagen, das eine Bankenabgabe zur Wiedereinbringung der Kosten des amerikanischen Troubled Asset Relief Program, die so genannte Financial Crisis Responsibility Fee, vorsieht. Zudem wird diskutiert, wie sich die Besteuerung des Finanzsektors, die verglichen mit anderen Unternehmenseinkünften durchschnittlich geringer ausfällt und Kreditaufnahmen gegenüber Eigenkapitalfinanzierungen in unangemessener Weise begünstigt, am besten reformieren lässt.



 Stefano Micossi, General Director, ASSONIME


Freilich ändert eine pauschale Abgabe zur Wiedereinbringung vergangener Kosten nichts an den Anreizen im Finanzsektor, übermäßige Risiken einzugehen. Zudem ist unklar, was genau die wieder einzubringenden Kosten sind.



Copyright: Project Syndicate 2010
www.project-syndicate.org
Aus dem Englischen von Jan Doolan
 
 
 

Donnerstag, 22. Juli 2010

Aktuelles zur Ermittlung des Steuerschildes im Rahmen der marktwertorientierten Unternehmensbewertung


Das Nachsteuer - Arbitragetheorem von Modigliani / Miller besagt, dass die Kapitalstruktur eines Unternehmens Einfluss auf den Unternehmenswert sowie auf die Höhe der Kapitalkosten hat.

In der Praxis der Unternehmensbewertung ist zu beobachten, dass nur die Alternative "Erwerb eines vollständig eigenfinanzierten Unternehmens" mit der Alternative "Erwerb eines mischfinanzierten Unternehmens" anhand der Barwerte beider Steuerschilde (Tax Shields) verglichen werden. Statt dessen ist es jedoch geboten, diese beiden Alternativen mit gleichzeitiger Kompensation des Kapitalstrukturrisikos durch home - made laverage zu vergleichen.

Verschuldet sich ein Investor privat, um ein Unternehmen vollständig mit Eigenkapital auszustatten, so erzielt er aus diesem Unternehmen einen Zahlungsstrom, der kleiner ist als ein Zahlungsstrom aus einem hinsichtlich seines Leistungsbereiches identischen Unternehmens mit anteiliger Fremdfinanzierung bei betragsgleicher privater Verschuldung. Diese jährliche Differenz der Zahlungsströme wird durch die Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen von der Steuerbemessungsgrundlage bewirkt. Der periodische Steuervorteil wird als Tax Shield bezeichnet. Wegen des annahmegemäß ausgeschlossenen Insolvenzrisikos ist dieser Steuervorteil risikolos. MM gehen dabei von der Annahme aus, dass die Höhe des Fremdkaptals des Unternehmens im Zeitablauf konstant ist. In der Realität ist das Fremdkapital - Volumen jedoch nicht unerheblichen Veränderungen unterworfen. Einige Autoren empfehlen deshalb, nach Ablauf der ersten Periode für die Folgeperioden jeweils einen Erwartungswert des Tax Shield zu bilden. Die Theorie hat sich sehr ausführlich mit der Frage der Bewertung dieser Tax Shields und damit ihrer Auswirkung auf die Kapitalkostenfunktiion beschäftigt (Inselbag / Kaufold: Two DCF Approaches for Valuing Companies under Alternative Financing Strategies, in: JoACF, Heft 1 1997, S. 114-122).

Der Marktwert eines mischfinanzierten Unternehmens entspricht im Gleichgewicht des Kapitalmarktes dem Marktwert eines unverschuldeten Unternehmens zuzüglich dem Barwert des Tax Shields. Der Barwert des Tax Shields ist also ein fremdkapitalinduzierter Wertvorteil. D.h., der Marktwert von Unternehmen mit unterschiedlicher Kapitalstruktur unterscheidet sich allein um den - hypothetischen - Marktwert der unterschiedlichen Steuerbelastung.

Wäre der Marktwert eines mischfinanzierten Unternehmens geringer als der Marktwert eines vollständig eigenfinanzierten Unternehmens zuzüglich des Barwertes der fremdkapitalinduzierten Steuerersparnis, dann könnten die Eigner des unverschuldeten Unternehmens bei identischer Risikostruktur ihres Portfolios einen Arbitragegewinn realisieren, indem sie die Anteile der unverschuldeten Gesellschaft verkaufen, um anschließend den Erlös in einem bestimmten Verhältnis in Anteile des mischfinanzierten Unternehmens sowie in Anleihen dieses Unternehmens zum - annahmegemäß - risikolosen Zinssatz zu investieren. Anteile werden so lange umgeschichet, bis sich keine Arbitragemöglichkeiten mehr bieten.

Dieses Nachsteuer - Arbitragetheorem ist seit Jahrzehnten gebräuchlich, um Kalkulationszinssätze gemischtfinanzierter Unternehmen zu berechnen. Es ist Grundlage der finanzierungstheoretisch fundierten Bewertungsverfahren. Der Erklärungsgehalt dieses Theorems ist allerdings dadurch eingeschränkt, dass nicht begründbar ist, warum Investitionsprojekte mit mehr als nur marginaler Eigenmittelfinanzierung durchgeführt werden (Die Substitution von Eigenkapital durch Fremdkapital ist nach diesem Theorem lohnend). Der praktischen Relevanz hat dies jedoch merkwürdigerweise keinen Abbruch getan.

Die Besteuerung hat auch Einfluss auf den Verlauf der Eigenkapitalkosten. Es lässt sich zeigen, dass die Eigenkapitalkosten bei wachsender Verschuldung um den Faktor (1 - s, mit s = Steuersatz) langsamer ansteigen. Weiterhin kann aufgezeigt werden, wie die gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (wacc) auf die Besteuerung reagieren. Der Term (1 - s) führt zu einer Reduzierung des Fremdkapital - Zinssatzes und bringt dadurch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen zum Ausdruck. Die dadurch veränderten gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten führen zugleich zu einer Steigerung des Marktwertes des Unternehmens.
 
Diese Überlegungen zur Bewertung und zur Wirkung von Tax Shields hatte Volkmar DINSTUHL 2002 anlässlich der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens konkretisiert:
 
1. Werteinfluss auf Fremdfinanzierung

Die Bestimmung des Wertbeitrags der Fremdfinanzierung ist im Halbeinkünfteverfahren aufgrund der hälftigen Berücksichtigung der Fremdkapitalzinsen auf Dauerschulden bei der Gewerbesteuer sowie der unterschiedlichen Einkommensbesteuerung von Fremdkapitalzinsen und Dividendeneinkünften ungleich komplizierter als in Modellen mit einer definitiven Unternehmenssteuer.

Unter dem Wertbeitrag der Fremdfinanzierung versteht man den zusätzlichen Marktwert eines teilweise mit Fremdkapital finanzierten Unternehmens gegenüber einem vollständig mit Eigenkapital finanzierten Unternehmen. Die Erhöhung des Marktwerts des Gesamtkapitals entsteht dadurch, dass die aus der Fremdfinanzierung des Unternehmens resultierenden Fremdkapitalzinsen (teilweise) von den steuerlichen Bemessungsgrundlagen abzugsfähig sind. Der periodenbezogene Steuervorteil der Fremdfinanzierung wird als Tax Shield bezeichnet.

Bei der Bestimmung des Tax Shields eine Refinanzierung mit Fremdkapital auf Gesellschafterebene zu unterstellen, bildet für die DCF - Methoden einen falschen Referenzpunkt. Zur korrekten Bestimmung des Tax Shields sollte ein Kapitalgeber unterstellt werden, der dem Unternehmen in dem einen Fall Kapital ausschließlich in Form von Eigenkapital, im anderen Fall von Eigen- und Fremdkapital zur Verfügung stellt.

Der Steuervorteil der Fremdfinanzierung setzt sich aus vier Komponenten mit zum Teil gegenläufigen Wirkungen zusammen:

  1. Steuervorteil der Fremdfinanzierung bei der GewSt
  2. Steuervorteil bei der KSt
  3. Steuervorteil bei der Besteuerung der Dividenden
  4. Steuernachteil bei der Besteuerung der Zinseinkünfte
Die Wirkung von allen vier Komponenten kommt in einem von DINSTUHL als "Tax Shield - Multiplikator" bezeichneten Faktor zum Ausdruck.

2. Werteinfluss der Ausschüttungspolitik (Ausschüttungsdifferenzeffekt)

Im Halbeinkünfteverfahren ist neben dem Kapitalstruktureffekt, der durch die partielle Fremdfinanzierung des Unternehmens entsteht, ein weiterer Steuereffekt zu beachten. Während der Kapitalstruktureffekt den Werteinfluss der bestehenden Kapitalstruktur einer Periode zum Ausdruck bringt, resultiert aus der Veränderung von Fremdkapitalbeständen, mit denen die Kapitalstruktur zukünftiger Perioden gestaltet wird, ein weiterer Steuereffekt (Ausschüttungsdifferenzeffekt): Wird im Rahmen des Phasenmodells Fremdkapital in Form von Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten getilgt, so sind bei unverändertem Finanzierungsbedarf die erforderlichen Mittel durch eine Thesaurierung von Gewinnen in gleicher Höhe aufzubringen. Diese Finanzierungssubstitution mindert die Ausschüttung (Netto - Cash - flow) an die Anteilseigner; allerdings ist mit der Einbehaltung von Gewinnen auch die Reduzierung der Einkommensteuerbelastung verbunden. Analog zu einer Fremdkapitaltilgung ermöglicht im umgekehrten Fall die Aufnahme von zusätzlichem Fremdkapital eine erhöhte Ausschüttung mit entsprechenden Konsequenzen für die Anteilseigner.

Auch bei einer Wertbestimmung über die gewogenen Kapitalkosten ist die Steuerentlastung (-belastung) durch die Thesaurierung (zusätzliche Ausschüttung) im Bewertungskalkül zu erfassen. In der Literatur wird gegenwärtig diskutiert, inwieweit dieser Steuereffekt im Halbeinkünfteverfahren in den Kapitalkosten bzw. im Cash - flow zu berücksichtigen ist. Nebden den bekannten Möglichkeiten, sämtliche Steuereffekte entweder in voller Höhe im Cash - flow zu berücksichtigen (klassischer Total Cash - flow - Ansatz) oder vollständig in die Kapitalkosten einzurechnen (klassischer WACC - Ansatz), existiert im Halbeinkünfteverfahren noch eine dritte Möglichkeit: Der aus der tilgungsbedingten Thesaurierung (fremdfinanzierten Ausschüttung) resultierende Steuervorteil (Steuernachteil) bei der Einkommensteuer wird im Free Cash - flow berücksichtigt, der Einfluss der jeweiligen Kapitalstruktur einer Periode (Kapitalstruktureffekt) wird hingegen in den Kapitalkosten erfasst.

Die Diskussion um die Berücksichtigung der Auswirkungen von Unternehmenssteuern und Einkommensteuer ist nicht neu, bereits für das Anrechnungsverfahren wurden ähnliche Überlegungen angestellt. Im Anrechnungsverfahren favorisierte HACHMEISTER den Kombinationsansatz (WACC - Ansatz I). Dies war durchaus einleuchtend, da auf der Unternehmensebene lediglich die Gewerbesteuer zu berücksichtigen war (und auch nur diese einen Steuervorteil generierte), die Körperschaftsteuer tauchte aufgrund ihres temporären Charakters nicht im Bewertungskalkül auf. Bei der Einkommensteuer wurde im Anrechnungsverfahren nicht zwischen Zinseinkünften und Dividendeneinkünften differenziert, sodass die Kapitalstruktur keinen Einkommensteuervorteil generierte. Der Kapitalstruktureffekt war im Anrechnungsverfahren somit ein reiner Unternehmenssteuereffekt. Der Einfluss der Unternehemenssteuern wurde in den Kapitalkosten berücksichtigt, die Einkommensteuerewirkungen von Fremdkapitaltilgung bzw. -aufnahme im Free Cash - flow.

(Dinstuhl, Volkmar: Discounted-Cash-flow-Methoden im Halbeinkünfteverfahren, FB vom 05.02.2002, Heft 2, Seite 79-90)

In einem aktuellen Aufsatz betrachten Ingeborg POSCH und Leonhard KNOLL den für das Halbeinkünfteverfahren von DINSTUHL entwickelten Tax Shield Multiplikator als ein interessantes Instrument zur vereinfachten Berücksichtigung steuerlicher Vorteile der Fremdfinanzierung. Nach ihrer Auffassung kann man ihn ohne Probleme auf das heute geltende Steuersystem übertragen.

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ergaben sich für die Ermittlung des Tax Shield Multiplikators (TSM) einige wesentliche Änderungen:

Die Berechnung des TSM muss nun unter diesen Vorgaben fünf steuerliche Aspekte einer Fremdkapitalfinanzierung zusammenführen: die Einsparungen bei Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer, bei Ausschüttung und Wertzuwachsrealisierung sowie die steuerliche Belastung erhaltener Fremdkapitalzinsen. 

POSCH / KNOLL kommen zum folgenden Ergebnis:

Der Vorteil des Fremdkapitals ist seit der Steuersystemänderung erheblich größer, wobei die Veränderung mit zunehmender Ausschüttung zurückgeht. 

...

Bei einer Ausschüttungsquote von 30 % verzwölffacht sich der TSM fast, bei 60 % steigt er immer noch auf über das Dreifache (...). Ursächlich für das Sinken der Erhöhung ist insbesondere, dass thesaurierungsbedingte Wertzuwächse zwar noch steuerlich günstiger, aber nicht steuerfrei vereinnahmt werden können.

...

Es mag dahinstehen, ob dieser Effekt politisch gewollt war. Jedenfalls ist er in der (auch) durch die beschriebene Methodik ermittelten Größenordnung weder in der Finanzierungspolitik noch in der Unternehmensbewertung zu vernachlässigen. Bedenkt man andererseits, dass die Anforderungen an das Rating und damit der Bedarf an Eigenkapital in der Folge der Finanzkrise spürbar zunehmen werden, sollte die Politik dringend darüber nachdenken, zumindest einen Teil der Verschärfungen bei der Eigenkapitalbesteuerung - nicht zuletzt die Besteuerung realilsierter Kurssteigerungen - möglichst bald wieder rückgängig zu machen.

(Posch, Ingeborg / Knoll, Leonhard: Tax Shield Multiplikator, Abgeltungssteuer und Eigenkapitaldiskriminierung, in: CORPPORATE FINANCE biz 5/2010, S. 297-300).

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Das Modigliani / Miller - Modell in der Unternehmensbewertung

Hybride Finanzierungspolitiken in der Unternehmensbewertung

Der Beta-Faktor in der Unternehmensbewertung