Donnerstag, 16. Juli 2009

Der interne Zinsfuss bei Unternehmensbewertungen


Die Interne Zinsfuss - Methode ist die Grundlage des von uns vorgestellten CROCI - Modells zur Unternehmensbewertung. Auch Private Equity - Investoren (VC) drücken ihre Rendite durch den internen Zinsfuss aus. Das Verfahren der Entscheidungsfindung mittels "internen Zinses" ist nach dem Kapitalwertverfahren das am häufigsten in der Praxis angewandte Verfahren. Der interne Zinsfuss kann als Entscheidungskriterium für sich gegenseitig ausschließende Investitionsalternativen herangezogen werden.

A. Begriff des internen Zinsfusses

Der interne Zinsfuss - auch allgemein Rendite eines Investitionsprojektes genannt - ist jener kritische Zinsfuss, bei dem der Kapitalwert der Auszahlungen gleich dem Kapitalwert der Einzahlungen wird. Er verzinst also nur das tatsächlich gebundene Kapital.

B. Ermittlung des internen Zinsfusses

1. Eindeutige Lösungen

Zur Ermittlung des internen Zinsfusses läßt sich eine Gleichung n-ten Grades näherungsweise algebraisch lösen, sofern eine reelle Lösung existiert. Diese Schätzwerte erhält man mit Hilfe von IRR - Funktionen der gebräuchlichen Tabellenkalkulationsprogramme, die Add-ons zur Unterstüzung von Nullstellenberechnungen enthalten. IRR - Rechenprogramme verwenden mathematische Lösungsverfahren für geometrische Reihen, wie das Newton - Verfahren oder Regula Falsi.


Die interne Zinsfuss - Methode impliziert den weiter unten beschriebenen Wideranlageautomatismus der nicht ausgeschütteten Einnahmeüberschüsse, der im Zinseszinseffekt der Leibniz - Formel


Cn = C0 * (1+i)n


sichtbar wird. In dieser Formel wird der Endwert aus dem Anfangswert durch Aufzinsung gewonnen und umgehkehrt der Anfangswert aus der Abzinsung des Endwertes ermittelt:


C0 = Cn * (1+i) - n


Das Minuszeichen vor der Hochzahl n hat ganz entscheidende Bedeutung. Es vertritt den Abzinsungsvorgang, der den internen Zinsfuss als Kalkulationszinsfuss benutzt. Mit der Abzinsung werden die zeitlich auseinander gezogenen Einnahmeüberschüsse allesamt auf den Anfangszeitpunkt, den Beginn der Investition, bezogen. Man spricht deshalb auch vom so genannten Anfangswertkonzept der internen Zinsfuss - Methode.


In einigen Spezialfällen führt die Ermittlung des internen Zinsfusses zu eindeutigen Lösungen:

  • Die Investition wird durch eine Auszahlung und einen Einzahlungsüberschuss beschrieben
  • Die Investition wird durch eine Auszahlung und eine endliche Reihe von Einzahlungsüberschüssen abgebildet
  • Die Investition habe eine Auszahlung, eine endliche Reihe von Einzahlungsüberschüssen sowie eine ewige Rente am Ende der Zahlungsreihe

    Der zweite und der dritte Fall stellen die einer Unternehmensbewertung meistens zugrunde liegenden Zahlungsströme dar.

Es gibt allerdings auch Zahlungsreihen, die keinen internen Zins haben. D.h. ihre Kapitalwertfunktion hat für alle positiven Kapitalmarktsätze immer positive oder immer negative Gegenwartswerte. In diesen Fällen muss anstelle der internen Zinsfuss - Methode die Kapitalwertmethode angewendet werden.



2. Mehrdeutige Lösungen

Bei anderen Zahlungsreihen, vor allem solchen, in denen das Vorzeichen mehrfach wechselt, ist eine eindeutige Bestimmung des internen Zinsfusses häufig nicht mehr möglich. Ein Tabellenkalkualtionsprogramm ist dann nicht mehr in der Lage, durch Iteration ein Ergebnis zu liefern; Excel zeigt in diesem Fall den Fehlertyp "#Zahl!" an. Mathematisch ausgedrückt liegt das Problem darin, dass für eine geometrische Reihe mehrere Nullstellen existieren. Nach Descartes kann eine Polynomgleichung so viele mathematische Lösungen haben wie Vorzeichenwechsel. Mathematisch richtige Ergebnisse können dann nicht ökonomisch interpretiert werden.

Bewertungsaufgaben mit solchen Zahlungsströmen kommen in der Praxis durchaus vor. Zum Beispiel bei Start up - Unternehmen, die mehrere Finanzierungsrunden durchlaufen und noch keine stabilen Cash Flows erzeugen.

C. Kriterium der Vorteilhaftigkeit

1. Akzeptanz einer Investition

Zur Bestimmung der Akzeptanz einer Investition wird nach der internen Zinsfussmethode die Verzinsung r einer Investition einem Vergleichszinsfuss i gegenüber gestellt. Bei


r > i


ist das Akzeptanzkriterium erfüllt.


Der Vergleichszinsfuss i entspricht dem Kalkulationszinsfuss der Kapitalwertmethode. Somit lässt sich die Vergleichsgröße als Kapitalmarktzins, Opportunitätsrendite oder Mindestverzinsungsanspruch interpretieren. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition ist mithin – wie bei Anwendung der Kapitalwertmethode – von der Wahl des Vergleichszinsfusses i abhängig.


Hinsichtlich der Akzeptanz einzelner Investitionen führen die Kapitalwert- und die interne Zinsfussmethode bei Normalinvestitionen stets zum gleichen Ergebnis.


2. Auswahl von alternativen Investitionen


Bei mehreren akzeptablen alternativen Investitionsobjekten wird nach der einfachen Methode des internen Zinsfusses die Investition mit dem größten internen Zinsfuss r ausgewählt. Diese Entscheidungsregel kann allerdings zu Entscheidungen führen, die der Entnahmezielsetzung in Form der Kapitalwertmaximierung widersprechen, da die relative Größe r anstelle der absoluten Größe C des Kapitalwertes maximiert wird und die implizite Wiederanlageprämisse anders als bei der Kapitalwertmethode ist.


D. Ergänzungsinvestitionen (Investition der periodischen Einnahmeüberschüsse)


1. Implizite Wiederanlageprämisse nach der einfachen internen Zinsfussmethode


Nach der einfachen internen Zinsfussmethode wird bei der Auswahl alternativer Investitionsprojekte implizit für jedes Projekt ein anderer Zins für die Wiederanlage unterstellt. Diese Prämisse ist jedoch realitätsfremd, da nicht einzusehen ist, weshalb die Höhe der Verzinsung der Wiederanlage von Einnahmeüberschüssen alternativer Investitionsprojekte vom internen Zinsfuss des ursprünglichen Projektes abhängen soll.


Ist der Zinssatz i für die Wiederanlage niedriger als der interne Zinsfuss r, ist die nach dieser Methode berechnete Rendite entsprechend höher als die tatsächlich erzielbare. Diese "Minderrendite" kann erheblich sein.


2. Explizite Wiederanlageprämisse nach der modifizierten internen Zinsfussmethode


Die unrealistische und möglicherweise zu geschönten Ergebnissen führende implizite Wiederanlageprämisse zum jeweiligen internen Zinsfuss lässt sich durch eine explizite Prämisse ersetzen. Es kann z.B. unterstellt werden, dass Wiederanlagen mit dem Kalkulationszinsfuss angelegt werden. Diese Modifikation geht auf Baldwin zurück (Baldwin: How to Assess Investment Proposals, in: Harvard Business Review, Vol. 37, 1959, S. 98 ff.), der als Kalkulationszinsfuss die durchschnittliche Unternehmensrentabilität verwendet.


Ein Kalkulationszinsfuss in Höhe von 0 % würde bedeuten, dass die Einnahmeüberschüsse nicht wieder angelegt werden.


Zu beachten ist, dass die Wiederanlageprämisse logischerweise keine Wirkung entfaltet, wenn die Einnahmeüberschüsse tatsächlich an den Investor ausgeschüttet werden und insoweit sein gebundenes Kapital verringert wird, denn ausschließlich das gebundene Kapital wird durch den internen Zinsfuss verzinst.


E. Kritik an der einfachen internen Zinsfussmethode


Die Eigenschaft des internen Zinsfusses als Akzeptanzkriterium r > i ist unstrittig; in diesem Sinne wird er auch in dem eingangs genannten CROCI - Modell verwendet. Dagegen ist diese Methode zur Rangfolgebildung wegen der irrealen impliziten Wiederanlageprämisse ungeeignet.


Die isolierte Verwendung einer Rentabilitätskennziffer (relative Größe) führt nicht immer zur Vermögensmaximierung (absolute Größe). Denn nach der Methode des internen ZInsfusses wird die Vorteilhaftigkeit von Normalinvestitionen relativ zum Kapitaleinsatz gemessen und mithin nicht beachtet, in welcher Höhe Kapital eingesetzt wird. Daher erscheint eine kleine hochrentable Investition günstiger als eine größere, aber weniger rentable.


Die interne Zinsfuss - Methode verwendet für alle Perioden einen identischen Zinsatz. Sie impliziert, dass die kurz- und langfristigen Zinssätze gleich hoch sind. Diese Annahme ist jedoch in der Realität nicht anzutreffen. Bei einer normalen Zinsstruktur sind die langfristigen Zinsen bei Inflationserwartungen höher als die kurzfristigen. In der Praxis wird diese Zinsstrukturproblematik meist vernachlässigt.


Schwierigkeiten bei der Ermittlung des internen ZInsfusses kann man nicht als Kritikpunkt geltgen lassen. Gewöhnlich lässt sich für Investitionsprojekte, deren Zahlungsreihe nicht die Form von Normalinvestitionen aufweist und deren interner Zinsfuss mehrdeutig ist, durch Iteration der interne Zinsfuss nach Umformung der Zahlungsreihe eindeutig ermitteln.


In der Praxis ist die einfache Methode des internen Zinsfusses weit verbreitet. In Deutschland drücken alle großen Private Equity - Fonds die von ihnen erzielten Renditen mit dem internen Zinsfuss (IRR) aus .





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